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Nordrhein-Westfalen 29 Kraftwerksblöcken droht das Aus

Düsseldorf · Erneuerbare Energie macht konventionelle Anlagen unrentabel. Die Opposition hat aber auch das Klimaschutzgesetz im Visier.

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Foto: dapd

Thomas Kufen, Energieexperte der CDU, hat einen Verdacht: Müssen sich die Menschen in Nordrhein-Westfalen "warm anziehen", weil schon bald etliche Kraftwerke dichtmachen könnten? Und wollen die Grünen mit ihrem Klimaschutzgesetz diesen Schrumpfungsprozess noch beschleunigen?

Nach einem — bislang vertraulichen — "Positionspapier" des Instituts Prognos werden in NRW schon ab 2014 bis zu 29 von 72 Gas- und Kohlekraftwerksblöcken vor allem wegen der Vorrangstellung von Solar- und Windkraft nicht mehr wirtschaftlich sein. Deshalb stünden die Energie-Unternehmen vor strategischen Entscheidungen, heißt es in dem Bericht, der unserer Redaktion vorliegt. Wörtlich: "Mögliche Wege sind sowohl eine stärkere Fokussierung auf erneuerbare Energien als auch ein Abwandern in andere Märkte außerhalb Europas."

Verhasste Klimakiller

Die Opposition zeigt sich alarmiert. Für sie ist schon verräterisch, dass die Studie von Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) in Auftrag gegeben wurde, da doch jedermann wisse, wie sehr den Grünen Kohlekraftwerke als "Klimakiller" verhasst sind. "Ist es überhaupt Aufgabe der Politik, die Wirtschaftlichkeit zu überprüfen", fragte Dietmar Brockes (FDP) vergangene Woche im Landtag. Oder habe sich die Politik da nicht herauszuhalten? Auch er glaubt, dass die Grünen mit dem von ihnen vorangetriebenen NRW-Klimaschutzgesetz den Kohlekraftwerken den Garaus machen wollen.

Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) kann die Aufregung der Opposition nicht verstehen. Die Ergebnisse der Prognos-Studie könnten doch niemanden überraschen, zumal die Energiewirtschaft die Lage doch genau so einschätze. Einen deutlich anderen Akzent als Remmel setzte Wirtschaftsminister Garrelt Duin. Die fossilen Kraftwerke in NRW, so betonte der SPD-Politiker, sicherten den erfolgreichen Verlauf der Energiewende und den Erhalt der Versorgungssicherheit: "Jede Forderung nach einem forcierten Ausstieg ist eine Gefährdung für den Industriestandort."

Probleme längst bekannt

Der Energiewirtschaft sind die in der Prognos-Studie aufgezeigten Probleme natürlich längst bekannt. Eon-Chef Johannes Teyssen hat vor kurzem erste Abschaltungen verkündet. So hält der Düsseldorfer Konzern die Gaskraftwerke Irsching 3 (Bayern) und Staudinger 4 (Hessen), mit denen er kein Geld mehr verdienen kann, jetzt nur noch als Notreserve bereit.

Ältere konventionelle Kraftwerke erreichen nicht den Wirkungsgrad, der heute technisch möglich und wirtschaftlich nötig ist. So stammen etwa die Steinkohle-Kraftwerke des Unternehmens Eon in Scholven (Gelsenkirchen) und Knepper (Dortmund) aus den 1960er und 1970er Jahren. Sie gehören zu den Anlagen, denen Prognos "wirtschaftliche Probleme" vorhersagt.

In erster Linie sind es die erneuerbaren Energien, die das Geschäftsmodell der konventionellen gefährden. Bisher haben sie ihr Geld in den Mittagsstunden verdient, wenn in Deutschlands Küchen die Herde und Backöfen eingeschaltet werden. Vor allem Gaskraftwerke lassen sich leicht hochfahren und sind daher besonders geeignet, um Belastungsspitzen abzufangen.

Doch mittags strahlt auch die Sonne am intensivsten, so dass die Solaranlagen kräftig Strom produzieren können. Und da das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) den Ökostrom nicht nur subventioniert, sondern ihm auch absolute Vorfahrt einräumt, drängt der Solarstrom die konventionellen Kraftwerke ausgerechnet zu den gut bezahlten Mittagsstunden aus dem Netz.

Gaskraftwerke sind am teuersten

Da Gaskraftwerke am teuersten sind, gehen sie als erstes vom Netz, dann folgen Stein- und schließlich Braunkohle-Kraftwerke. Das sagt auch eine Studie der Schweizer Bank UBS voraus. Demnach werden schon in diesem Jahr die ersten Gaskraftwerke unrentabel. 2015 würden auch viele Steinkohlekraftwerke "aus dem Geld sein", wie es im Branchenjargon heißt.

Dagegen könnten ausgerechnet die (preiswerten) Braunkohle-Kraftwerke, die besonders viel klimaschädliches Kohlendioxid produzieren, wirtschaftlich am längsten durchhalten. Deshalb werden in der Prognos-Liste die Braunkohle-Kraftwerke von RWE in Niederaußem oder Neurath nicht als gefährdet aufgeführt.

Gaskraftwerke gelten als besonders klimafreundlich. Deshalb sprechen sich viele Befürworter der Energiewende für den Neubau von Gaskraftwerken aus. Außerdem werden konventionelle Kraftwerke zur Sicherung der Grundlast benötigt, solange der Strom nicht im großen Stil gespeichert werden kann.

Doch lohnt ein Neubau überhaupt noch? In der Branche heißt es: grundsätzlich ja, wenn aus dem Gas nicht nur Strom, sondern auch Wärme produziert wird. Genau das haben die Stadtwerke Düsseldorf in der Landeshauptstadt vor. Schwerer dürfte es dagegen für die neuen Kraftwerke werden, die nur Strom produzieren, wie es der norwegische Energieerzeuger Statkraft in Hürth vorhat.

(RP/csi/felt)
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