Team-Porträt: Niederlande Die Niederlande ist bereit für das Titelrennen

Düsseldorf · Nach einer völlig verkorksten EM 2012 meldete sich die Niederlande mit einer beeindruckenden WM-Qualifikation zurück. Der Vizeweltmeister gehört auch dank eines überragenden Arjen Robben wieder zu den Titelkandidaten.

 Die Niederlande gehört mit einer stark verjüngten Mannschaft diesmal nicht zu den Topfavoriten.

Die Niederlande gehört mit einer stark verjüngten Mannschaft diesmal nicht zu den Topfavoriten.

Foto: dpa, Stringer

Nach dem Finale ist vor dem Finale: 1433 Tage nach der unglücklichen 0:1-Niederlage gegen Spanien bekommen die Niederlande ihre WM-Revanche. Das Los-Glück (oder Pech) führt die Endspielgegner bereits im ersten Gruppenspiel in Brasilien gegeneinander. Der Titel wird in diesen 90 Minuten zwar nicht entschieden, aber sie werden den beiden Mitfavoriten mehr als ein Fingerzeig geben.

Einer wird wie immer auf dieses Spiel brennen. Arjen Robben hat nach einer überragenden Saison im Trikot von Bayern München noch eine ganz spezielle Rechnung mit den Iberern offen. Der Flügelflitzer hatte im Finale vor vier Jahren die große Chance, Oranje den ersten WM-Titel der Geschichte zu bescheren. Sein Fehlschuss blieb im kollektiven Fußball-Gedächtnis der Niederlande hängen.

Robben ging anschließend wie auch die Nationalmannschaft durch ein tiefes Tal, bei der EM 2012 besiegelten drei Vorrunden-Pleiten ein peinliches Aus und das Ende der Ära Bert van Marwijk als Bondscoach.

Seitdem geht es wieder aufwärts, mit Robben bei den Bayern, und mit den Niederlanden unter Louis van Gaal. Der exzentrische Erfolgstrainer, der sich nach den Titelkämpfen schon wieder in Richtung Manchester United verabschiedet, löschte seinen persönlichen Makel. In seiner ersten Amtszeit hatte der 62-Jährige die Teilnahme an der WM 2002 verpasst, diesmal marschierte der "General" souverän durch die Qualifikation. Seine erneute Verpflichtung hatte allerdings nicht nur für Applaus im Mutterland des "futbol total" gesorgt.

Gladbachs ehemaliger Coach Dick Advocaat sprang van Gaal verbal zur Seite ("Louis ist der beste niederländische Trainer, den wir haben, er ist also die beste Wahl"), doch die vielen Kritiker sahen sich spätestens durch die 2:4-Pleite bei van Gaals Debüt gegen Belgien bestätigt.

Alles Schnee von gestern. Die Niederlande waren unter dem deutlich schlankeren "General" bis zur 0:2-Niederlage Anfang März in Frankreich in 17 Spielen ungeschlagen und spielten eine überragende Qualifikation. Neun Siege in zehn Spielen, lediglich ein 2:2 in Estland als Fleck auf der weißen Weste, dazu 34:5 Tore: Das nennt man souverän.

Entsprechend hoch sind die Erwartungen in den Niederlanden. Und entsprechend groß ist der Konkurrenzkampf um die Plätze im Kader. "Außer Arjen Robben, Kevin Strootman und Robin van Persie müssen sich alle anderen Spieler noch für ein Ticket nach Brasilien beweisen", baute van Gaal Druck auf. Der Platz von Strootman muss allerdings anderweitig besetzt werden. Der Mittelfeldspieler wird sich die WM nach einem Kreuzband- und Meniskusriss im linken Knie im TV angucken. Auch HSV-Star Rafael van der Vaart fehlt in Brasilien wegen einer Wadenverletzung.

Trotzdem hat es van Gaal geschafft, die großen Egoismen in seinem Team wieder in den Griff zu bekommen. Kein Vergleich zu den vogelwilden Tagen der EM, als Robben van Marwijk lautstark in die Schranken wies ("Halt deinen Mund") und meckerte: "Wir haben alle versagt, die Spieler, das Trainerteam, alle."

Das Ziel WM schweißt zusammen, Robben ist Führungsspieler, van Persie trifft wie am Fließband. Beim 8:1 in der Quali gegen Ungarn löste er in seinem 80. Länderspiel mit einem Dreierpack nach genau zehn Jahren und 125 Tagen Patrick Kluivert als erfolgreichsten Torschützen in der Geschichte von Oranje ab. Nach seiner Knieverletzung im März ist der Stürmer rechtzeitig vor der WM wieder fit geworden und steht inzwischen sogar bei 43 Länderspieltreffern. Oranje ist bereit fürs Titelrennen.

(sid)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort