Nach Trumps Kritik Gabriel befürchtet Ausstieg der USA aus Iran-Atomabkommen

New York · Das Atomabkommen mit dem Iran gilt als historisch, dennoch kritisierte es US-Präsident Trump bei der UN-Vollversammlung harsch. Der iranische Präsident antwortete, die Zukunft des Abkommens sei noch offen. Außenminister Gabriel bangt, die USA könnten aussteigen.

 Der iranische Präsident Hassan Rouhani in der UN-Generalversammlung in New York.

Der iranische Präsident Hassan Rouhani in der UN-Generalversammlung in New York.

Foto: dpa, SW hel gfh

Nach der harschen Kritik von US-Präsident Donald Trump am Iran hat Teheran noch nicht über die Zukunft des Atomabkommens entschieden. "Das Außenministertreffen in New York (am Mittwoch) war inoffiziell; und daher gab es auch keine Entscheidungen", sagte Außenminister Mohamed Dschawad Sarif. Er kritisierte, die USA hätten das Abkommen nicht eingehalten, obwohl auch sie verpflichtet seien, den Deal umzusetzen. "Was die Amerikaner (über das Abkommen) sagen, ist absurd (...) und was sie tun, zeigt, dass sie außenpolitisch realitätsfremd sind", monierte der iranische Chefdiplomat.

Bei dem Treffen mit den Außenministern der fünf UN-Vetomächte sowie Deutschland und der EU ging es laut Sarif in erster Linie um die Tatsache, dass das Atomabkommen von 2015 multi- und nicht unilateral sei. Da das Abkommen auch vom Sicherheitsrat verifiziert worden sei, müsse es auch von allen Seiten eingehalten werden, sagte Sarif. Bei dem Treffen kam es zum ersten direkten Kontakt zwischen Sarif und dem amerikanischen Außenminister Rex Tillerson.

Sowohl Sarif als auch der iranische Präsident Hassan Ruhani hatten eine von den USA geforderte Revision des Atomabkommens kategorisch ausgeschlossen. Laut Ruhani sei der Deal wie ein Gebäude, das mit der kleinsten Änderung zusammenbrechen würde. "Daher bleibt es so, wie es ist ... oder gar nicht", sagte der Präsident auf einer Pressekonferenz in New York.

In der deutschen Regierung wächst die Sorge, dass die USA dem Atom-Abkommen mit Teheran den Rücken kehren könnten. Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) sagte nach einem Gespräch mit den Außenministern aus den USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien, man müsse "allergrößte Sorge" haben, dass das Abkommen zerstört werde. US-Außenminister Tillerson erklärte dann auch, die US-Regierung habe "erhebliche Probleme" mit der Abmachung. Zuvor hatte US-Präsident Donald Trump bereits verkündet, er habe eine Entscheidung zu der Vereinbarung getroffen.

Nach den Worten von Tillerson hat Trump diese bislang jedoch nicht nach außen kommuniziert. Das Abkommen über das iranische Atomprogramm war 2015 nach langen Verhandlungen zustande gekommen. Trump hatte die Vereinbarung wiederholt als "schlechten Deal" bezeichnet und bereits signalisiert, dass er sie aufgeben könnte. Alle anderen UN-Vetomächte sowie Deutschland sehen in den ausgehandelten Beschränkungen des Nuklearprogramms dagegen eine wirkungsvolle Maßnahme zur rein zivilen Nutzung der Atomkraft. Die US-Regierung muss dem Kongress alle drei Monate mitteilen, ob der Iran die Bedingungen der Vereinbarung erfüllt. Die nächste Frist läuft am 15. Oktober ab.

Gabriel sagte, es habe bei dem Treffen eine "klare Botschaft" der USA gegeben, "dass sie nicht bereit sind, dieses Abkommen länger mitzutragen". Man wolle aber in den nächsten Wochen alles versuchen, die Vereinbarung noch zu retten. Zwar gebe es keinerlei Anzeichen, dass der Iran seinen Verpflichtungen nicht nachkomme. "Andererseits muss man die allergrößte Sorge haben, dass das Abkommen trotzdem zerstört wird, weil es eine Situation gibt, dass die Vereinigten Staaten von Amerika dieses Abkommen nicht für ausreichend halten." Die Amerikaner würden sich aber daran stören, dass sich die Politik des Iran in anderen Bereichen nicht geändert habe.

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Deutschen Bundestag, Norbert Röttgen (CDU), warnte Washington nach der UN-Rede von Trump vor den Folgen solcher innenpolitisch motivierten Auftritte. "Die USA werden ihre internationale Führungsrolle nicht aufrechterhalten können, wenn die Reden zur Außenpolitik in Wahrheit innenpolitischer Wahlkampf sind", sagte der CDU-Außenexperte unserer Redaktion. Diese Rede sei "erneut an den amerikanischen Wähler" gerichtet gewesen. Das werde "zunehmend zum Problem nicht nur für die USA, sondern auch für ihre Alliierten, die Europäer", kritisierte Röttgen.

US-Außenminister Tillerson bescheinigte dem Iran, die Auflagen des Abkommens bislang zu erfüllen. Er warf Teheran aber erneut vor, die Sicherheit im Nahen Osten zu bedrohen. Mit dem Atomabkommen sei die Erwartung verbunden gewesen, dass die iranische Regierung einen Beitrag zum Frieden in der Region leiste, sagte der US-Außenminister. Dies sei nicht eingetreten. Tillerson erwähnte in diesem Zusammenhang die iranischen Raketentests sowie die Rolle Teherans in den Konflikten in Syrien, im Jemen und im Irak.

Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini bestätigte, alle Vertragsparteien hätten sich bislang an die Vorgaben des Abkommens gehalten. "Es gab keine Verletzungen", sagte Mogherini. "Meine Hoffnung ist, dass das auch so bleibt." Russland erklärte seine Bereitschaft, das Atomabkommen weiter zu unterstützen. Außenminister Sergej Lawrow habe dies bestätigt, teilte sein Ministerium laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Tass bei Facebook mit.

Trump hatte den Atomdeal am Dienstag in seiner Rede vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen als "Erniedrigung" für die USA und den Iran als Schurkenstaat bezeichnet. Daraufhin hatte der iranische Präsident Hassan Ruhani geantwortet: "Der Iran wird das Abkommen nicht zuerst verletzen, aber auf jede Verletzung durch die Partner werden wir entschlossen und resolut antworten." (...). "Es wäre sehr schade, wenn das Abkommen von schurkischen Anfängern auf der politischen Bühne zerstört werden würde."

(oko)
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