"Marche Republicaine" in Paris Kritik an "Heuchelei" beim Solidaritätsmarsch

Düsseldorf · Mehr als 50 Spitzenpolitiker marschierten in Paris in der ersten Reihe. Im Gedenken an die Opfer des Terrors, aber auch im Namen der Pressefreiheit. Einigen Beobachtern stieß das übel auf. In den Ländern mancher Staatschefs, die vor Ort waren, wird ebendiese Freiheit mit Füßen getreten.

Charlie Hebdo - Gedenkmarsch in Paris
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Fast vier Millionen protestierten in Frankreich gegen den Terrorismus und für demokratische Freiheitsrechte, Toleranz und Weltoffenheit. In der ersten Reihe setzten auch bekannte Spitzenpolitiker und Staatschefs eindrucksvolle Zeichen. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas liefen nur wenige Meter voneinander entfernt.

Ansonsten tummelte sich in der ersten Reihe die erste Riege der politischen Prominenz Europas. Kanzlerin Angela Merkel, eingehakt beim französischen Präsidenten Francois Hollande, David Cameron an der Seite der Dänin Helle Thorning-Schmidt, der Italiener Matteo Renzi, aber auch Jordaniens Königin Rania oder der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu. Das französische Innenministerium sprach am Sonntagabend von einem "beispiellosen" Ereignis.

Alle führten die Freiheitsrechte im Munde. Und schon am Abend war der Vorwurf der Heuchelei zu vernehmen. Denn Pressefreiheit und Menschenrechte haben in den Ländern so manches Teilnehmers keine Heimat.

Paris: Solidaritätsmarsch beeindruckt die Medien
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"Charlie Hebdo": Solidaritätsmarsch beeinruckt die Medien

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Foto: ap

Bei Twitter wurde schon am Sonntag Kritik laut, eine ganze Storify-Liste stellte für jeden fragwürdigen Gast beispielhafte Vergehen vor. Marc Lynch, Professor für internationale Politik an der George-Washington-Universität, kommentiert sarkastisch: "Gut, dass sich so viele Führer neben all der Folterung und Inhaftierung von Journalisten und Dissidenten Zeit nehmen konnten, in Frankreich für die Meinungsfreiheit zu marschieren."

Glad so many world leaders could take time off jailing and torturing journalists and dissidents to march for free expression in France.

Scharfe Kritik übte auch die Organisation Reporter ohne Grenzen (ROG), der die Pressefreiheit ein besonderes Anliegen ist. Namentlich störte sich ROG dabei an der Beteiligung des ägyptischen Außenministers Sameh Shoukry, des türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu, des russischen Außenminmisters Sergei Lawrow, des algerischen Außenministers Ramtane Lamamra, des Präsidenten von Gabun, Ali Bongo und der von Scheich Abdullah bin Zayed al-Nahyan, Außenminister der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE).

#CharlieHebdo: Staatschefs, die #Pressefreiheit mit Füßen treten, missbrauchen Marsch in Paris, um Präsenz zu zeigen. http://t.co/dur3wpd2Id

Im jährlichen Bericht der Organisation landen alle genannten Länder im roten Bereich, der die Pressefreiheit als "schwierig" einstuft. Ägypten belegt darin den 159. von 180 Plätzen, die Türkei schneidet mit Platz 154 nicht viel besser ab. Algerien findet sich auf Rang 121 wieder, die VAE auf Platz 118 und Gabun auf Rang 98.

Trauermarsch in Paris: Hollande begrüßt Staatschefs aus aller Welt
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Die französische Zeitung "Le Monde" zeigte sich auch ob des Besuchs von Viktor Orban irritiert. Dessen ungarische Regierung wird im eigenen Land scharf kritisiert und auch im Ausland misstrauisch beäugt, weil sie die Freiheit des Internets durch Steuern beschränken wollte.

(pst)
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