Überwachung im Kampf gegen Terror So halten es die Bundesländer mit der Fußfessel

Berlin · Der Bundesinnenminister appelliert an die Länder, nach dem Vorbild des neuen BKA-Gesetzes auch der regional zuständigen Polizei den Einsatz der elektronischen Fußfessel gegen Gefährder zu ermöglichen. Wir haben in allen Ländern nachgefragt, wie sie es mit der Überwachung im Kampf gegen den Terror halten wollen.

Fragen und Antworten zur Fußfessel
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Foto: dpa, Fredrik von Erichsen

Rund 550 Gefährder wären von den technischen Möglichkeiten einer Rund-um-die-Uhr-Überwachung per elektronischer Fußfessel betroffen. Aber das BKA ist nur für ganz wenige von ihnen zuständig. Auf alle anderen haben die Polizeibehörden der Länder zu achten. Und deshalb müssen dafür auch erst die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden. Wie wollen es die Länder nun halten? Hier die Übersicht:

Nordrhein-Westfalen

Nach den Worten von Innenminister Ralf Jäger (SPD) geht es bei der elektronischen Fußfessel darum, den Aufenthalt von polizeibekannten Gefährdern besser zu überwachen. "Die Polizei kann rund um die Uhr feststellen, wo sich ein Gefährder befindet", erläuterte Jäger unserer Redaktion. Die elektronische Fußfessel könne deshalb zu mehr Sicherheit beitragen. "Anschläge verhindern kann sie aber nicht, dessen müssen wir uns bewusst sein", betonte Jäger.

Er will aber auch einen Flickenteppich verschiedener Gesetzesvorgaben verhindern: "Zur Umsetzung brauchen wir bundesweit einheitliche Regelungen in den Landespolizeigesetzen, die den hohen verfassungsrechtlichen Hürden einer solchen Überwachung Rechnung tragen", erklärte Jäger. Darüber, wie eine solche Regelung konkret aussehen könne, werde die Innenministerkonferenz beraten.

Hessen

Eine aktuelle Stellungnahme aus Hessen blieb aus. Jedoch hatte die hessische Justizministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU) bereits im Januar gefordert, islamistische Gefährder mit elektronischen Fußfesseln zu überwachen. Dies sei ein "wichtiger Baustein für mehr Sicherheit in Deutschland", meinte die CDU-Politikerin.

Rheinland-Pfalz

Nach Angaben des Innenministeriums in Mainz will die Landesregierung in Abstimmung mit den Sicherheits- und Justizbehörden prüfen, "ob und in welcher Ausgestlatung eine Ermächtigung für die elektronische Auenthaltsüberwachung in das Polizei- und Ordnungsbehördengesetz eingeführt werden kann". Die Fußfessel könne eine präventive Wirkung entfalten und zur Verhütung schwerer Straftaten beitragen.

In vielen Fällen seien die Sicherheitsbehörden jedoch darauf angewiesen, dass sie Erkenntnisse zu einem bestimmten Gefährder zusammentragen können, ohne dass der Betroffene davon weiß und sein Handeln darauf einstellen kann. In solchen Fällen komme der Einsatz daher nicht in Betracht. "Wir sehen sie als eines von vielen Instrumenten im Bereich der Überwachung von Gefährdern", lautet die Wertung des Ministeriums.

Saarland

Wie auf Bundesebene prüfe das sarländische Innenministerium eine mögliche Änderung im Saarländischen Polizeigesetz, verlautete aus Saarbrücken. Innenminister Klaus Bouillon (CDU) "begrüßt grundsätzlich das Vorhaben, die Fußfessel für islamistische Gefährder einzusetzen", hieß es weiter.

Baden-Württemberg

"Wir müssen sogenannten Gefährdern mit Härte und Entschlossenheit begegnen", sagte Innenminister Thomas Strobl (CDU) unserer Redaktion. Dafür seien bessere rechtliche und technische Möglichkeiten nötig. Die SPD bewege sich nun endlich. Aus politischen Absichtserklärungen müsse nun schnell eine konkrete und bundesweit einheitliche Gesetzgebung werden. "Baden-Württemberg wird hier vorangehen und im Polizeigesetz des Landes rasch entsprechende Rechtsgrundlagen schaffen", unterstrich Strobl. "Wir reden nicht, wir handeln", fügte er hinzu.

Bayern

"Gefährder sollen künftig von der Polizei schon frühzeitig überwacht werden können", sagte Innenminister Joachim Herrmann (CSU). Dafür werde Bayern sein Polizeiaufgabengesetz um eine präventiv-polizeiliche Befugnisregelung für eine offene elektronische Aufenthaltsüberwachung (elektronische Fußfessel) ergänzen. Das Vorgehen habe die Staatsregierung bereits in ihrer Sitzung am 24. Januar beschlossen.

Thüringen

Innenminister Holger Poppenhäger (SPD) hat selbst eine klare Haltung: "Ich begrüße das Vorhaben der Bundesregierung, eine elektronische Fußfessel für Gefährder einzuführen, selbst wenn dies kein Allheilmittel zur Vorbeugung von Anschlägen ist und diese auch nicht immer verhindern kann", sagte der Minister unserer Redaktion. Sie sei ein weiterer wichtiger Baustein zu mehr Sicherheit im Freistaat Thüringen. "Ob diese Ansicht auch meine Ministerkollegen im Kabinett vertreten, darüber müssen wir uns noch verständigen", schränkte der Sozialdemokrat in der rot-rot-grünen Landesregierung ein.

Sachsen

"Wir brauchen eine strenge Überwachung von Gefährdern, die Fußfessel ist dafür ein geeignetes Instrument", erklärte der sächsische Innenminister Markus Ulbig (CDU), der zugleich Vorsitzender der Innenministerkonferenz ist. Mit seinen Länderkollegen werde er sich für eine einheitliche Regelung einsetzen. Mit dem weiteren Verfahren habe sich bereits der Arbeitskreis "Innere Sicherheit" bei einer Sondersitzung beschäftigt.

Sachsen-Anhalt

"Wir werden in Zusammenarbeit mit dem Bund und weiteren Bundesländern eine eigene landesgesetzliche Rechtsgrundlage zur Einführung einer elektronischen Fußfessel für Gefährder zeitnah schaffen", kündigte Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) gegenüber unserer Redaktion an. Nach seinem Dafürhalten müssten Gefährder ohne Wenn und Aber unverzüglich abgeschoben werden und dafür in Abschiebehaft genommen werden. "Sofern eine Abschiebehaft rechtlich nicht möglich ist, bedarf es des Einsatzes von elektronischen Fußfesseln", erläuterte der CDU-Politiker.

Brandenburg

Ähnlich argumentiert Brandenburgs Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD): "Letztlich muss es darum gehen, bei Vorliegen der Voraussetzungen islamistische Gefährder in Abschiebehaft zu nehmen, des Landes zu verweisen und ihnen die Wiedereinreise unmöglich zu machen", sagte der SPD-Politiker unserer Redaktion.

Er begrüße die Einführung der elektronischen Fußfessel für islamistische Gefährder als einen sinnvollen, aber in seiner Wirkung nicht zu überschätzenden Baustein einer Gesamtstrategie, um für mehr Sicherheit zu sorgen. Allein werde diese Maßnahme das Problem aber nicht lösen. "Auch mit einer Fußfessel kann man Lkw fahren; auch mit einer Fußfessel kann man einen Sprengstoffgürtel anlegen", sagte Schröter.

Berlin

Der Innensenat sah sich für die Fußfessel nicht zuständig und leitete die Anfrage an den Justizsenat weiter. Von dort kam die Erklärung, dass der Gesetzentwurf der Bundesregierung noch nicht vorliege, sodass eine Bewertung zu diesem Zeitpunkt nicht möglich sei. Die Senatsverwaltungen würden sich, "wenn sich die Notwendigkeit ergibt, zu gegebener Zeit mit dem Entwurf befassen". Offenbar hat die neue rot-rot-grüne Regierung der Hauptstadt dazu noch keine abgestimmte Meinung.

Mecklenburg-Vorpommern

Sein Bundesland werde das Sicherheits- und Ordnungsgesetz den Erfordernissen anpassen, sagte Innenminister Lorenz Caffier (CDU), der die Einführung der elektronischen Fußfessel ausdrücklich begrüßte. Es sei unstrittig, dass die Länder entsprechende Eingriffsbefugnisse in ihre Polizeigesetze aufnehmen müssten. Die Fußfessel sei jedoch nur eine Maßnahme von mehreren im Kampf gegen den islamistischen Terrorismus. Weitere würden als "Paket" in der Innenministerkonferenz beraten.

Niedersachsen

"Mit Hochdruck" laufen in Niedersachsen nach den Worten von Innenminister Boris Pistorius (SPD) die gesetzlichen Vorbereitungen zur Einführung der elektronischen Fußfessel für Gefährder. Er verwies auf ein bereits im Januar mit Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz (Grüne) erarbeitetes Eckpunktepapier.

Bremen

Nach Einschätzung des Bremer Innensenators Ulrich Mäurer (SPD) kann die elektronische Fußfessel als Ergänzung zu den bestehenden Überwachungsmaßnahmen "im Einzelfall sinnvoll sein". Die verfassungsrechltichen Hürden seien aber hoch. Er erwarte kurzfristig einen Regelungsvorschlag der Bundesregierung. "Diesen werden wir prüfen und unter Beachtung der verfassungsrechtlichen Vorgaben eine entsprechende Übernahme für das bremische Polizeigesetz erarbeiten", sagte Mäurer zu.

Hamburg

Auch die Innenbehörde der Hansestadt will die Initiative des Bundes aufgreifen und einen Entwurf zur Änderung der Landesgesetzgebung erarbeiten. Hamburg begrüße, dass die Bundesregierung eine "Blaupause als Formulierungshilfe" mit dem neuen BKA-Gesetz geliefert habe, hieß es aus dem Innensenat.

Schleswig-Holstein

"Die elektronische Fußfessel für Gefährder kann dazu beitragen, die öffentliche Sicherheit zu erhöhen und potenziellen Terroristen das Handwerk zu legen", sagte Innenminister Stefan Studt (SPD) unserer Redaktion. Nach Abschluss der Bundesgesetzgebung werde Schleswig-Holstein die Maßnahmen daher in eine landesgesetzliche Regelung überführen. Ihm sei aber auch bewusst, dass die Fußfessel "kein Allheilmittel im Kampf gegen den Terrorismus" sei, erklärte Studt.

(may-)
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