Berlin Merkel droht Trump

Berlin · Die Bundeskanzlerin will notfalls mit "unmissverständlichen Gegenmaßnahmen" reagieren, sollten die USA auf europäische Stahlexporte ab morgen Strafzölle erheben. Noch hofft die EU auf Ausnahmen.

Im Handelsstreit der EU mit den USA hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) "unmissverständliche Gegenmaßnahmen" angekündigt, sollten die noch laufenden Gespräche der EU mit US-Präsident Donald Trump nicht doch noch zu einer Verhandlungslösung führen. Die von Trump angekündigten US-Schutzzölle auf Stahl und Aluminium seien rechtswidrig und schädlich, sagte Merkel in der ersten Regierungserklärung ihrer vierten Amtszeit. Sie warnte vor einer Politik der wirtschaftlichen Abschottung. Auf dem EU-Gipfel heute und morgen in Brüssel will die Europäische Kommission den Staats- und Regierungschefs die Einführung von Einfuhrzöllen auf ausgewählte US-Produkte vorschlagen, sollte Trump nicht noch einlenken.

EU-Ratspräsident Donald Tusk äußerte sich gestern in Brüssel vorsichtig optimistisch, dass die Europäische Union eine Ausnahme von den angekündigten US-Zöllen auf Stahl und Aluminium bekommt. "Ich habe gute Gründe anzunehmen, dass Kommissarin Malmström mehr erreichen wird, als wir das noch vor zwei oder drei Tagen annehmen konnten", sagte Tusk. Die US-Schutzzölle von 25 Prozent auf Stahleinfuhren und zehn Prozent auf Aluminium sollen bereits morgen in Kraft treten. Kanada und Mexiko hatten Ausnahmeregelungen durchsetzen können. EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström versucht derzeit für die EU als wichtigen Handelspartner und Verbündeten eine Ausnahme von den von Trump verhängten Strafzöllen zu erreichen. Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hatte diese Bemühungen in Washington zu Wochenbeginn flankiert.

Trump zielt nach Auffassung der Europäer vor allem auf China, dem er vorwirft, die Weltmärkte mit staatlich subventionierten Billigprodukten zu überschwemmen. Allerdings gehört China anders als Kanada, Russland und die EU nicht zu den Haupt-Stahllieferanten der USA. Merkels Ankündigung kann als Signal an Trump gesehen werden, dass die EU notfalls die Eskalation des Handelskonflikts riskieren würde. Bisher hatte Berlin dagegen eher eine Strategie der Deeskalation befürwortet. Für die Exportnation hätte eine Zuspitzung gravierende Folgen. Ökonomen bezeichneten den Handelskonflikt gestern als eines der größten Risiken für die deutsche Hochkonjunktur.

Auf dem EU-Gipfel heute wird EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker den Staats- und Regierungschefs über den Stand der Verhandlungen berichten. "Wir hoffen noch immer darauf, dass es Ausnahmen für Europa als Ganzes geben wird. Die Wahrscheinlichkeit dafür liegt nicht bei null, aber unter 50 Prozent", sagte EU-Kommissar Günther Oettinger. "Sollten die US-Sanktionen gegen europäische Exporte nicht zu verhindern sein, wird die Kommission dem EU-Gipfel eine begrenzte Liste von US-Produkten vorschlagen, auf die die EU Zölle neu erheben soll", sagte Oettinger. Der Vorschlag werde keine Senkung von EU-Zöllen enthalten.

Einfuhrzölle etwa auf bestimmte Autos sind in der EU höher als in den USA. Daher hatte es Vorschläge gegeben, Trump mit Zollsenkungen entgegenzukommen. "Die unterschiedlichen Zölle auf unterschiedliche Produkte auf beiden Seiten des Atlantiks sind Teil eines ausbalancierten Systems", so Oettinger. Diese Balance wolle man nicht gefährden. Der EU-Gipfel könnte aber auch empfehlen, wieder Verhandlungen über Handelserleichterungen mit den USA aufzunehmen, hieß es in Berliner Regierungskreisen.

(mar)
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