Berlin/Düsseldorf Merkel und Hollande wollen neue Flüchtlingszentren in Südeuropa

Berlin/Düsseldorf · Deutschland und Frankreich fordern andere EU-Staaten auf, deutlich mehr Flüchtlinge aufzunehmen. Die Bundeskanzlerin und Vizekanzler Gabriel verurteilen ausländerfeindliche Attacken auf ein Asylbewerberheim in Sachsen.

In Europa ankommende Flüchtlinge sollen nach Plänen Deutschlands und Frankreichs künftig in neuen Aufnahmezentren in Griechenland und Italien zunächst registriert werden, bevor sie auf die EU-Länder verteilt werden. "Das muss noch in diesem Jahr passieren", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gestern nach einem Treffen mit Frankreichs Präsident François Hollande in Berlin. Die Registrierungszentren müssten die EU-Länder "gemeinsam" errichten. Es gehe um eine "faire Lastenverteilung" innerhalb Europas. "Die ist momentan nicht sichergestellt", so Merkel.

Merkel und Hollande reagierten damit auf den nicht abreißenden Flüchtlingsstrom nach Europa, der vor allem Deutschland vor wachsende Probleme stellt. Deutschland und Schweden haben 2014 und 2015 bisher zusammen so viele Flüchtlinge aufgenommen wie der gesamte Rest der EU. Viele Länder verweigern sich, andere verstoßen gegen die gemeinsamen Regeln, da sie die Flüchtlinge nicht registrieren, sondern weiterziehen lassen.

In der EU müssten die gemeinsamen Asylrechtsstandards überall angewandt werden, mahnte Merkel. Länder, die sich nicht daran hielten, müssten von der EU-Kommission verwarnt werden. Zudem gehe es darum, dass alle EU-Staaten die gleichen sicheren Herkunftsländer definierten, damit Asylverfahren überall vereinfacht werden könnten. Außerdem müssten die EU-Länder "gemeinsame Standards" für die Rückführung der Migranten entwickeln, die keine Aussicht auf Asyl hätten, sagte Merkel. Bereits bei der Registrierung in Südeuropa solle zwischen Migranten mit und ohne Asylchance unterschieden werden, erklärte Hollande. Wer keine Chance auf Asyl in Europa habe, solle sofort zurückgeführt werden.

In Berliner Regierungskreisen hieß es, dass Länder wie Italien und Griechenland Anreize bekommen müssten, die Flüchtlinge zu registrieren und nicht gleich weiterzuleiten. Das dafür nötige Geld sollte die EU-Kommission zur Verfügung stellen. Vom Aufbau der Flüchtlingszentren könnte die Wirtschaft vor Ort profitieren. "Die gerechtere Verteilung der Flüchtlinge auf alle EU-Länder setzt eine doppelte Freiwilligkeit voraus, die wir im Moment nicht haben: Das EU-Land müsste bereit sein, die Flüchtlinge aufzunehmen, und die Flüchtlinge selbst müssten in das Land wollen", schränkte der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach ein. Dennoch sei der Plan der neuen Zentren ein Ansatz für eine gerechtere Verteilung.

Merkel verurteilte die rassistischen Ausschreitungen vor einem Asylbewerberheim im sächsischen Heidenau "aufs Schärfste". Es sei "abstoßend", wie Rechtsextreme versuchten, ihre "dumpfe Hassbotschaft" zu verbreiten. Auch das Mitlaufen von Familien bei den Krawallen sei "beschämend". "Flüchtlinge, die alles verloren haben und hier bei uns Schutz suchen, dürfen nicht mit Nazi-Methoden verängstigt werden", sagte auch NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD).

(jd / mar)
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