Hamburg Realo-Politiker um Kretschmann setzen sich bei den Grünen durch

Hamburg · Auf dem Bundesparteitag in Hamburg stärkt die Mehrheit dem zuvor heftig kritisierten baden-württembergischen Ministerpräsidenten den Rücken.

Am Ende seiner leidenschaftlichen Rede gab es Standing Ovations für Winfried Kretschmann: Erfolgreich verteidigte Baden-Württtembergs Ministerpräsident auf dem Bundesparteitag der Grünen in Hamburg seine innerparteilich umstrittene Asylpolitik. Er habe das Grundrecht auf Asyl nicht preisgegeben, als er vor zwei Monaten dem Asylkompromiss von Bund und Ländern zugestimmt hatte, betonte Kretschmann. Doch nur wer kompromissbereit sei, könne erwarten, dass dies auch andere sind. Er habe Zugeständnisse ausgehandelt, die vorher undenkbar gewesen seien - etwa eine schnellere Arbeitserlaubnis und die deutlich gelockerte Residenzpflicht für Flüchtlinge in Deutschland.

In einer hitzigen Debatte hatten ihm Parteilinke zuvor vorgeworfen, Verrat an den grünen Grundwerten zu üben, weil durch den Asylkompromiss Flüchtlinge aus den sicheren Herkunftsländern Serbien, Bosnien-Herzegowina und Mazedonien künftig leichter abgeschoben werden könnten. Dies betreffe vor allem Sinti und Roma, für die Deutschland eine besondere historische Verantwortung trage. Der Parteitag lehnte jedoch den Antrag ab, in dem Kretschmanns Entscheidung kritisiert wurde. Das zuvor befürchtete "Kretschmann-Bashing" blieb damit aus. Stattdessen sprachen sich die Grünen für weitere Verbesserungen für Flüchtlinge aus.

Auch in der Außen- und Sicherheitspolitik entschärften die Grünen Konflikte. Waffenlieferungen in den Nordirak im Kampf gegen die islamistische Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) lehnten sie zwar ab, gestanden Andersdenkern wie Parteichef Cem Özdemir aber zu, davon abweichende Positionen nach ihrem freien Gewissen zu vertreten. Das Nein zu Waffenlieferungen an die Kurden im Irak wurde vor allem damit begründet, dass diese in falsche Hände geraten könnten. Ein weitergehender Antrag, der Waffenlieferungen in Krisengebiete grundsätzlich für falsch erklären wollte, erzielte zwar eine knappe Mehrheit, aber nicht das nötige absolute Quorum. Özdemir sprach hier von einer "kleinen Sensation", denn die Grünen leiteten damit endgültig die Abkehr vom radikalen Pazifismus früherer Jahre ein.

In einer weiteren Abstimmung sprach sich der Parteitag dafür aus, bei einem UN-Mandat eine deutsche Beteiligung an einem Einsatz in der Region zu prüfen. Die Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt plädierte erneut für einen Einsatz deutscher Bodentruppen im Kampf gegen den IS - unter einem entsprechenden UN-Mandat. Auch in der Ukraine-Politik stützte der Parteitag die Linie der Führung.

(mar)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort