Ferrari wieder auf Augenhöhe Die Formel 1 sieht Rot

Sakhir/Düsseldorf · Drei Rennen, zwei Siege – Ferrari ist im Kampf um die WM-Titel nach vielen Jahren der Enttäuschungen wieder auf Augenhöhe. Sebastian Vettel fordert Topfavorit Lewis Hamilton heraus. Mercedes darf sich keine Fehler mehr erlauben.

"Sebastian Vettel nutzt das Mercedes-Chaos aus" – Pressestimmen
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Großer Preis von Bahrain: Pressestimmen

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Foto: rtr, HM/FL

Drei Rennen, zwei Siege — Ferrari ist im Kampf um die WM-Titel nach vielen Jahren der Enttäuschungen wieder auf Augenhöhe. Sebastian Vettel fordert Topfavorit Lewis Hamilton heraus. Mercedes darf sich keine Fehler mehr erlauben.

Es war ein beruhigendes Gefühl. Lief nicht alles rund, konnten sich Nico Rosberg und Lewis Hamilton darauf verlassen, dass ihr Auto kleinere Unzulänglichkeiten (auch bei der Taktik) kaschieren konnte. Diesen Wohlfühlfaktor gibt es nun nicht mehr. Die Formel 1 sieht Rot - und das steigert die Spannung und das Interesse. Bei Mercedes, in den zurückliegenden drei Jahren die Messlatte, weiß man längst, dass alles passen muss, will man Ferrari und dessen Topfahrer Sebastian Vettel schlagen.

Ein Duell um den Titel gab es zuletzt auch. Doch die Darsteller kamen aus demselben Team. Nun heißt es Rot gegen Silber, Vettel, viermaliger Champion, gegen Hamilton, dreimaliger Champion. Nach drei der 20 Rennen hat Herausforderer Vettel die Nase vorn. Sieg zum Auftakt in Melbourne, Platz zwei in Schanghai hinter Hamilton, nun der Erfolg in der Wüste von Bahrain - macht 63 Punkte und damit sieben mehr als beim aktuellen Vizeweltmeister aus England, der erneut nur Zweiter wurde.

Hamilton gibt Fehler zu

Am Start schob sich Vettel zwischen Rosberg-Nachfolger Valtteri Bottas und Hamilton, der auf Rang drei zurückfiel und später patzte. "Das in der Boxengasse war mein Fehler", gab der Silberpfeil-Pilot zu. Bei der Fahrt zur Box während der Safety-Car-Phase hielt Hamilton Red-Bull-Rivale Daniel Ricciardo auf. Bottas erhielt vor ihm neue Reifen, und er wollte nicht so lange stehenbleiben. Die Folge: eine Fünf-Sekunden-Strafe. Vettel fuhr vorneweg seinem 44. Sieg entgegen, auch wenn sein Verfolger gegen Ende noch einmal mächtig Tempo machte. "Anfangs war ich ein wenig beunruhigt über seine Rundenzeiten. Aber ich hätte schon noch Reserven gehabt", betonte Vettel. "Ich fühle Schmerz in meinem Herzen, wenn ich Zweiter werde", sagte Hamilton. Ihm wird immer mehr bewusst, dass 2017 ein hartes Jahr zu werden droht.

Das Rennen in Sakhir war unterhaltsam, machte aber auch deutlich, dass in diesem Jahr die Rollen schon verteilt sind. Vettel und Hamilton sind in ihren Teams die klare Nummer eins. Bottas und sein finnischer Landsmann Kimi Räikkönen stehen im Schatten. "Das macht absolut keinen Spaß", stellte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff mit Blick auf die Teamorder klar. Zweimal hatte man Bottas, der im 80. Versuch erstmals die Pole Position erobert hatte, aufgefordert, Hamilton vorbeizulassen. Der 27-Jährige gab zu, dass dies das Schlimmste sei, was man als Fahrer zu hören bekommen könne. Aber er könne die Verantwortlichen verstehen. "Ich bin definitiv ein Teamplayer", bekräftigte Bottas.

Sebastian Vettel genoss den Moment. Mehr verbietet er sich. "Ich schaue noch nicht auf die WM. Es ist noch eine lange Saison", sagte der 29-Jährige. Wie ernst die Protagonisten ihre Arbeit nehmen, zeigt sich in dieser Woche. Vettel und der sonst von dieser Form des Autofahrens nicht sonderlich begeisterte Hamilton blieben in Bahrain, um ab heute bei den Testfahrten an der Weiterentwicklung ihrer Autos mitzuarbeiten. Dabei wird die Laune beim Ferrari-Star weitaus besser sein. "Ich kann spüren: Wir sind schnell, wir können ein Wörtchen mitreden. Das Auto ist ein Traum", teilte er nach seinem Triumph mit.

Daran haben offenbar zwei Männer einen großen Anteil: Mattia Binotto und Rory Byrne. "Binotto ist die Schlüsselfigur", sagte Niki Lauda der italienischen Tageszeitung "La Repubblica". Der Österreicher, Oberaufseher des Mercedes-Teams, ist überzeugt, "dass Ferrari jetzt funktioniert, weil ein Schweizer da ist, der die Italiener organisiert, sie zum Arbeiten antreibt, aber ihnen die Freiheit lässt, ihre Vorstellungen und Ideen auszudrücken". Seit August 2016 ist Binotto der Technische Direktor. Am Firmensitz in Maranello arbeitete sich der 47-Jährige seit 1995 nach oben. Er veränderte Strukturen, holte neue Leute und schaffte es, das Wir-Gefühl zwischen den Abteilungen zu stärken.

Rory Byrne (72) lebt eigentlich in Thailand und hat Spaß am Unterwasserfischen. Seit Beginn 2016 ist der Chefdesigner aus Südafrika, neben Ross Brawn die zentrale Figur an den Erfolgen von Michael Schumacher bei Ferrari, wieder bei den "Roten". Als Berater unterstützte er Simone Resta bei der Entwicklung des aktuellen Boliden - und offenbar haben beide einen sehr guten Job gemacht.

(RP)
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