Syrien-Krise überschattet G20-Gipfel Putin und Obama begrüßen sich kühl

Moskau · Beim Thema Syrien sind die Fronten in St. Petersburg verhärtet. Es besteht kaum Hoffnung auf eine politische Lösung.

Kurz, freundlich, unverbindlich. So begrüßte Gastgeber Wladimir Putin den US-Präsidenten Barack Obama, als dieser gestern vor dem Konstantin-Palast in St. Petersburg vorfuhr. Obama hatte seinen gepanzerten Cadillac mit der amerikanischen und der russischen Fahne beflaggt. Doch die russische Trikolore wollte nicht so recht wehen, sie hatte sich um ihren eigenen Mast gewickelt. Vielleicht ein symbolisches Bild für diesen G 20-Gipfel. Denn das offizielle Thema des Treffens — "die andauernde Instabilität der Finanzmärkte" — interessiert so richtig niemanden. Stattdessen warten alle gespannt auf einen möglichen verbalen Schlagabtausch wischen Putin und Obama zum Thema Syrien.

Die Fronten scheinen verhärtet. Es ist nicht einmal klar, ob sich Obama und Putin während des zweitägigen Gipfels zu einem Gespräch unter vier Augen treffen. Der US-Präsident hatte im August einen Besuch bei Putin in Moskau abgesagt, nachdem Moskau dem Ex-NSA-Mitarbeiter Edward Snowden politisches Asyl gewährt hatte. Seitdem ist die Kluft, die beide Seiten trennen, auch durch den Konflikt um Syrien immer tiefer geworden.

In Washington sieht man es als erwiesen an, dass das Regime von Präsident Baschar al Assad am 21. August in einem Vorort von Damaskus Giftgas eingesetzt hat. Der Auswärtige Ausschuss hat einer US-Militär-intervention zugestimmt, wenn diese auf 60 Tage begrenzt wird. Die zweite Kammer des Kongresses muss noch entscheiden.

Russland ist bislang Assads treuester Verbündeter. Gemeinsam mit China hat es im UN-Sicherheitsrat jede Resolution blockiert, die Sanktionen gegen Syriens Herrscher vorsah. Und Putin nannte die Giftgas-Vorwürfe gegen Assad "hanebüchenen Unfug". Über US-Außenminister John Kerry sagte er: "Er lügt, und er weiß, dass er lügt."

Kurz vor dem Gipfel spielte Putin mit den Amerikanern Katz und Maus. Er überraschte mit der Ankündigung, Russland könne einen Militärschlag eventuell unterstützen. Aber er stellte zwei Bedingungen: Erstens müsse die Schuld Assads am Gaseinsatz eindeutig bewiesen sein. Zweitens müsse der Angriff durch ein UN-Mandat sanktioniert werden. Doch dort blockiert Russland — was Putins vorgebliches Einlenken wieder ad absurdum führt.

Nun hofft Putin in St. Petersburg auf den Heimvorteil. Der G 20-Gipfel, so hat er vorher fast schadenfroh gesagt, sei doch eine gute Plattform, um die Syrien-Frage zu diskutieren. Denn im Kreis der G 20 kann sich der Kreml-Chef auf eine Mehrheit gegen Obamas Pläne verlassen. Der US-Präsident dagegen steht vor der schwierigen Aufgabe, seine Allianzen quasi um den Gastgeber herum zu schmieden.

China lehnt ein US-Eingreifen in Syrien ab. Die Angst um die Folgen für die Weltwirtschaft treibt Peking mehr um als die Sorge um ein Kriegsverbrechen. Eine Strafaktion könne zum Beispiel einen Anstieg der Ölpreise auslösen, sagte Vizepremier Zhu Guangyao am Rande des Gipfels. Die EU-Länder sind zum Thema Syrien tief gespalten. In St. Petersburg trifft sich Putin separat mit Frankreichs Präsident François Hollande. Frankreich unterstützt den US-Plan, Syrien auch ohne UN-Mandat anzugreifen. Innerhalb der EU wird diese Position sonst nur von kleinen Ländern geteilt: von Dänemark, Lettland, Zypern, Griechenland, Rumänien und Kroatien. Dem britischen Premier David Cameron versagte das Parlament ein militärisches Eingreifen. In Deutschland haben sowohl Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) als auch der SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück betont, dass es keine deutsche Beteiligung an einer Militärintervention geben wird — ob mit oder ohne UN-Mandat. Merkel drängt auf eine politische Lösung.

CDU-Außenexperte Ruprecht Polenz kritisierte das Vorgehen von Putin in der Syrien-Krise scharf. "Beweise fordern und Untersuchungen verhindern — das heißt mit den Tätern gemeinsame Sache machen", sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages. Bisher habe Putin verhindert, dass die UN-Inspektoren auch untersuchen durften, wer für den Giftgas-Einsatz verantwortlich war.

(RP)
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