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Mögliche Jamaika-Koalition Flüchtlings-Obergrenze ist für die Grünen "absolutes No-Go"

Berlin · Kann eine Jamaika-Koalition im Bund zustandekommen? Grünen-Chefin Peter sieht die Chance auf ein Bündnis aus Union, FDP und Grünen schwinden, sollte Merkel in der Flüchtlingspolitik der CSU nachgeben. Auch FDP-Chef Lindner äußert sich skeptisch.

 Grünen-Parteichefin Simone Peter (l) mit Cem Özdemir und Katrin Göring-Eckardt nach der Bundestagswahl.

Grünen-Parteichefin Simone Peter (l) mit Cem Özdemir und Katrin Göring-Eckardt nach der Bundestagswahl.

Foto: dpa, rhi lof

Eine Kurskorrektur von CDU und CSU nach rechts würde die Chance auf eine Jamaika-Koalition nach Auffassung führender Grünen-Politiker verbauen. Vor allem in der Flüchtlingsfrage dürften die Parteien kaum zusammenkommen, sollte die CSU innerhalb der Union einen härteren Anti-Migrations-Kurs durchsetzen. "In einer Koalition mit uns wird es ebenso wie bei CDU und FDP keine Obergrenze für Flüchtlinge geben. Darauf muss sich die CSU einstellen, wenn sie ernsthaft Jamaika sondieren möchte", sagte die Grünen-Chefin Simone Peter. "Eine Obergrenze für Flüchtlinge ist für uns ein absolutes No-Go", erklärte auch Grünen-Fraktionsvize Katja Dörner.

Angesichts erheblicher Stimmenverluste hatte die CSU am Montag als Symbol einer härteren Gangart in der Migrationspolitik erneut eine Obergrenze für die Flüchtlingszuwanderung gefordert, die Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ablehnt. Die Grünen wollen dagegen jede Verschärfung des Asylrechts verhindern. Sie wollen zudem durchsetzen, dass Familien von Migranten auch ohne vollen Asylstatus ab 2018 nachziehen können.

"Unser politischer Kompass sind der Flüchtlingsschutz und die Menschenrechte, deshalb sollen anerkannte Flüchtlinge ihre Familien nachholen dürfen. Eine weitere Aussetzung des Familiennachzugs über den zweijährigen Stopp zum März 2018 hinaus lehnen wir ab", sagte Parteichefin Peter.

Der neue Chef der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Alexander Dobrindt, mahnt vor möglichen Koalitionsgesprächen zunächst eine eingehende Überprüfung der Gemeinsamkeiten der Schwesterparteien an. "Wir werden jetzt mal sehen, ob wir auch inhaltliche Schwestern sind", sagte er am Dienstagabend im ZDF-"heute journal". "Das ist die Aufgabe, die sich jetzt stellt." Dann könne es Gespräche mit möglichen Koalitionspartnern geben. "Aber erstmal ist CDU und CSU dran."

CSU-Chef Horst Seehofer verlangt besonders nach den Einbrüchen seiner Partei in Bayern, nicht einfach zur Tagesordnung überzugehen. Er fordert, dass eine "offene rechte Flanke" in der Politik der Unionsparteien geschlossen wird. Zum umstrittenen Thema Obergrenze sagte Dobrindt im ZDF: "Es ist doch klar, dass die Obergrenze dann Teil einer Koalitionsvereinbarung sein muss." Der Verkehrsminister war am Dienstag zum CSU-Landesgruppenchef gewählt worden.

Die Linksgrünen Peter und Dörner gehören dem 14-köpfigen, sorgsam austarierten Verhandlungsteam an, das die Grünen in die Sondierungsgespräche entsenden wollen. Dabei sind von den Parteilinken auch Jürgen Trittin und Claudia Roth als erfahrene Ältere, Fraktionschef Anton Hofreiter sowie die Nachwuchspolitikerinnen Agnieszka Brugger und Annalena Baerbock.

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Der moderate Realo-Flügel wird von den Spitzenkandidaten Katrin Göring-Eckardt und Cem Özdemir sowie Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann, Fraktionsgeschäftsführerin Britta Haßelmann und dem früheren Parteichef Reinhard Bütikofer vertreten. Als eher unabhängig gelten im Team Schleswig-Holsteins Umweltminister Robert Habeck, der im Winter von Özdemir den Parteivorsitz übernehmen könnte, und der Wahlkampfleiter Michael Kellner.

Fraktionschef Hofreiter bekräftigte gestern vor der ersten Sitzung der um 4 auf 67 Abgeordnete gewachsenen Fraktion, die Grünen wollten "sehr, sehr ernsthaft" verhandeln. Geschlossenheit ist für die Grünen derzeit alles. Allerdings ärgerten sich Parteilinke hinter vorgehaltener Hand über eine Äußerung Kretschmanns. "Es werden jetzt keine Knackpunkte genannt", sagte Kretschmann in Stuttgart. Es gebe keine Vorbedingungen der Grünen. Alles andere sei unprofessionell. Vertreter der Parteilinken halten es dagegen für falsch, vor Verhandlungen keine roten Linien zu nennen.

Auch FDP-Chef Christian Lindner sieht hohe Hürden auf dem Weg zu einer möglichen Koalition von Union, Grünen und seinen Liberalen im Bund. "Die Wahrheit ist, dass es zwar eine rechnerische Mehrheit gibt, die vier Parteien aber jeweils eigene Wähleraufträge hatten. Ob diese widerspruchsfrei und im Interesse des Landes verbunden werden können, steht in den Sternen", sagte Lindner der Zeitung "Die Welt". "Jeder muss wissen, dass die Freien Demokraten nur in eine Koalition eintreten, wenn es Trendwenden in der deutschen Politik gibt."

Die FDP hatte auf dem Parteitag vor gut einer Woche ein Papier mit "Zehn Trendwenden für Deutschland" beschlossen. Das betrifft unter anderem Bildung, Digitalisierung, Einwanderungspolitik, Steuerentlastungen und die Euro-Zone.

Lindner erkannte nicht nur in der Union, sondern auch bei den Grünen ein heftiges internes Ringen um die politische Ausrichtung. "Das Verhältnis des linken und des rechten Flügels bei den Grünen ist ja vergleichbar dem Verhältnis von CDU und CSU", sagte Lindner. "Noch im Wahlkampf sprach Herr Kretschmann davon, das grüne Wahlprogramm sei mit der Fixierung auf Elektromobilität 'Schwachsinn'. Wenn der realpolitische Teil der Grünen nach der Wahl stärker wird, würde ich das begrüßen."

(Mit Material der dpa)

(mar)
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