Olympia Das war die Nacht in Rio

Rio de Janeiro · Gold für die deutschen Beachvolleyballerinnen, die Fußballer im Finale gegen Brasilien, Bronze für die Tischtennis-Männer und der Halbfinaleinzug der Handballer. Wir haben die wichtigsten Ereignisse aus der Nacht.

Olympia 2016: DHB-Auswahl deklassiert Katar bei Olympia
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DHB-Auswahl feiert Kantersieg gegen Katar

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+++ Laura Ludwig schossen sofort die Tränen in die Augen, dann stürzte sie freudetrunken Kira Walkenhorst in die Arme. Während an der Copacabana das hymnische "Viva la Vida" von Coldplay aus den Lautsprechern dröhnte, feierten die beiden Beachvolleyballerinnen vor 12.000 erschütterten Brasilianern ausgelassen den Olympiasieg. "Es ist einfach unwirklich, ich kann es noch nicht fassen", sagte Ludwig. In einer magischen und historischen Nacht krönten sich die beiden zu den ersten europäischen Goldmedaillengewinnerinnen ihrer Sportart. Die Hamburgerinnen gewannen am berühmtesten Strand der Welt das Finale gegen Agatha und Barbara (Brasilien) mit einer herausragenden Leistung 2:0 (21:18, 21:14). "Ich kann's gar nicht glauben. Ey, Olympiasieger!", rief Walkenhorst.

+++ Sie waren erschöpft, ergriffen und fast zu schlapp zum jubeln. Als die deutschen Fußballer ihr olympisches Traum-Finale gegen Gastgeber Brasilien mit Superstar Neymar perfekt gemacht hatten, brauchten sie ein paar Augenblicke zum Durchschnaufen. Doch bald nach dem 2:0 gegen Nigeria kannte der Jubel kaum mehr Grenzen. Finale! Um Gold. Im Maracana, dem brasilianischen Fußball-Tempel. Zwei Jahre nach dem WM-Triumph von Philipp Lahm und Co. genau dort. "Ein Traum ist wahr geworden", sagte Torschütze Lukas Klostermann.

+++ Nach seiner letzten olympischen Heldentat schlug Timo Boll die Hände über dem Kopf zusammen, Freudentränen bahnten sich ihren Weg. Seine Teamkollegen Dimitrij Ovtcharov und Bastian Steger nahmen keine Rücksicht mehr auf den steifen Hals des Altmeisters und sprangen Boll in die Arme. Trotz einer Blockade im Nacken hatte Boll die Tischtennis-Männer zu Bronze geführt. Beim 3:1 gegen Südkorea holte er zwei Punkte. "Ich fühle mich wie Robocop, der Wirbel ist rausgesprungen", sagte Boll.

+++ Daniel Deußer tätschelte nach seinem Bronze-Ritt liebevoll den Hals seines Wallachs First Class, seine Mannschaftskollegen lagen sich jubelnd in den Armen: Die deutsche Reiter-Equipe hat sich im Nationenpreis von Deodoro mit Bronze zum ersten Mal seit 2004 wieder eine Medaille geholt. Christian Ahlmann mit Taloubet, Meredith Michaels-Beerbaum mit Fibonacci, Deußer und Ludger Beerbaum mit Casello setzten sich im Stechen gegen Kanada durch. "Die Mannschaft hat sich die Medaille absolut verdient", sagte Bundestrainer Otto Becker.

+++ Kapitän Uwe Gensheimer schrie seine Freude heraus und versammelte seine Bad Boys in einem riesigen Jubelkreis. Nach dem überragend herausgespielten 34:22-Kantersieg im Viertelfinale gegen Vize-Weltmeister Katar ist die Medaille für die Handballer zum Greifen nah. Im Halbfinale am Freitag wartet allerdings der überaus starke Weltmeister Frankreich. "Zwei Siege noch, und dann haben wir auch hier gewonnen", sagte der erneut herausragende Torhüter Andreas Wolff.

+++ Die Hockey-Frauen kämpfen nach ihrer dramatischen Niederlage gegen Topfavorit Niederlande um Bronze. Beim 3:4 im Penalty-Shootout fehlte Kapitänin Janne Müller-Wieland und Co. das Glück, auch vier gehaltene Schüsse von Torfrau Kristina Reynolds reichten nicht. Am Freitag ist im "kleinen Finale" Neuseeland der Gegner. "Ich lasse nicht zu, dass ihr nachlasst", rief Bundestrainer Jamilon Mülders der Mannschaft nach dem Spiel zu.

+++ Die Weitsprung-Meisterin und EM-Dritte Malaika Mihambo durfte lange von einer Überraschungsmedaille träumen - doch am Ende waren die Favoritinnen trotz persönlicher Bestleistung von 6,95 m zu stark - Platz vier, 14 Zentimeter hinter Bronze. "Wenn man über sich hinausgewachsen ist und eine neue Bestleistung erzielt hat, ist der vierte Platz super", sagte Mihambo: "Da gibt's nichts zu meckern."

Der 12. Tag in Rio — die anderen Deutschen

+++ Wenn es bei Olympia nicht läuft, greift der gescheiterte Athlet gerne mal zu einer Ausrede. Nicht so der deutsche 5000-m-Meister Richard Ringer. "Ich schäme mich so für diese nicht vorhandene Leistung", schrieb der 27-Jährige aus Friedrichshafen nach seinem Vorlauf-Aus bei Facebook bemerkenswert selbstkritisch: "Ich wollte auch keine Interviews geben, weil ich so schnell wie möglich raus wollte von dem Ort der Stars, wo ich heute nicht hingehöre." Ringer will jetzt "hart an mir arbeiten" - und in Tokio 2020 einen neuen Anlauf unternehmen.

+++ Vizeweltmeisterin Cindy Roleder belegt im Finale über 100 m Hürden in 12,74 Sekunden den fünften Platz. Sie war die erste Deutsche in einem Olympia-Endlauf über diese Strecke seit 28 Jahren. "Ich weiß gerade gar nicht, was ich sagen soll. Ich müsste super zufrieden sein mit dem fünftem Platz, aber es war kein runder Lauf", sagte Roleder.

+++ Goldkandidat Thomas Röhler hat sich ins Speerwurf-Finale gezittert. Der 24 Jahre alte Weltjahresbeste brauchte in der Qualifikation drei Versuche, um mit 83,01 m den Showdown um die Medaillen zu erreichen. Johannes Vetter (85,86) und Julian Weber (84,46 m) sind ebenfalls dabei.

+++ Kai Kazmirek geht als Zweiter hinter Weltrekordler Ashton Eaton (USA) in den zweiten Tag des Zehnkampfes. Weil sein zweiter Tag aber traditionell sein schwächerer ist, dürfte der 25-Jährige (4500 Punkte) kaum Medaillenchancen haben. Arthur Abele ist 16. (4134), der WM-Dritte Rico Freimuth musste wegen Rückenbeschwerden aufgeben.

+++ Die Weltmeister Max Rendschmidt/Marcus Groß haben ihre Favoritenstellung im Kajak-Zweier über 1000 m eindrucksvoll untermauert - Sieg im Halbfinale. Auch Franziska Weber im Kajak-Einer über 500 m und Ronald Rauhe/Tom Liebscher im Kajak-Zweier über 200 m haben am Donnerstag Medaillenchancen.

+++ Für die Ringerinnen Aline Focken und Luisa Niemesch ist der Traum von einer Medaille geplatzt. Focken verlor in der Klasse bis 69 kg ihren Viertelfinalkampf, Niemesch schied in der Klasse bis 58 kg in der Hoffnungsrunde aus.

+++ Luis Brethauer hat im Platzierungslauf des BMX-Rennens Platz 15 belegt, Nadja Pries kam auf den 14. Platz. Die Viertelfinals werden am Donnerstag gefahren.

+++ Wassersprung-"Küken" Elena Wassen hat das Halbfinale vom Turm erreicht. Die erst 15 Jahre alte Berlinerin sprang im Vorkampf auf Platz 16. Synchron-Europameisterin Maria Kurjo schied aus.

(sid)
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