++Das Protokoll des Tages++ Atomaufsicht: Brennstäbe beschädigt

Washington (RPO). Japans Regierungschef Naoto Kan hat die Lage am havarierten Atomkraftwerk Fukushima als "unberechenbar" beschrieben. Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy will am Dienstag nach Japan reisen. Derweil teilte die japanische Atomaufsicht mit, es bestehe eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Schutzhüllen um die Brennstäbe in Fukushima undicht seien. Das Protokoll des Tages.

Fukushima 1 - das zerstörte Atomkraftwerk
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Washington (RPO). Japans Regierungschef Naoto Kan hat die Lage am havarierten Atomkraftwerk Fukushima als "unberechenbar" beschrieben. Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy will am Dienstag nach Japan reisen. Derweil teilte die japanische Atomaufsicht mit, es bestehe eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Schutzhüllen um die Brennstäbe in Fukushima undicht seien. Das Protokoll des Tages.

+++ 20.34 Uhr: Der Düsseldorfer Landtag befasst sich am Mittwoch in einer aktuellen Stunden mit der Zukunft der Atomenergie in Deutschland. Beantragt wurde die Debatte von SPD und Grünen. Sie verlangen, dass die im September von der Bundesregierung beschlossene Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke zurückgenommen wird.

+++ 19.58 Uhr: Die Reaktorsicherheitskommission kommt am Mittwoch zu Beratungen über neue Kriterien für die Sicherheitsüberprüfung deutscher Atomkraftwerke nach der Reaktorkatastrophe von Japan zusammen. Das beim Bundesumweltministerium angesiedelte Expertengremium soll einen Fragenkatalog erstellen, der als Basis für einen Arbeitsplan bei der geplanten Durchleuchtung der Akw dient.

+++ 19.03 Uhr Unter dem Eindruck der Atomkatastrophe in Japan stellt US-Präsident Barack Obama am Mittwoch die Schwerpunkte seiner künftigen Energiepolitik vor. Laut Präsidialamt wird sich Obama bei seiner Rede an der Universität Georgetown vor allem mit Fragen der Energiesicherheit befassen.

+++ 18.34 Uhr: Das Verbraucherministerium hat Vorwürfe zurückgewiesen, die EU-Grenzwerte für die zulässige radioaktive Belastung von Lebensmitteln aus Japan seien erhöht worden. "Die Kritik ist unangebracht und inhaltlich falsch", sagte Sprecher Holger Eichele. Bisher habe es gar keine Obergrenzen für die Lebensmittel-Einfuhr aus Japan gegeben.

+++ 17.49 Uhr: Nach Angaben von Verbraucherschützern sind die EU-weit geltenden Grenzwerte für die radioaktive Belastung von Lebensmitteln aus Japan am vergangenen Wochenende deutlich erhöht worden. Für die meisten Lebensmittel seien die Grenzwerte für gesundheitsschädliches Cäsium-134 und Cäsium-137 von 600 Becquerel auf 1.250 Becquerel mehr als verdoppelt worden, so die Organisation "foodwatch" und das Umweltinstitut in Berlin und München. Beide fordern, einen kompletten Importstopp für Nahrungsmittel aus den betroffenen Regionen Japans.

+++ 16.57 Uhr: Nach der Atomkatastrophe will Japans Regierungschef Naoto Kan den Ausbau erneuerbarer Energien in seinem Land forcieren. "Saubere Energien wie Sonnenkraft und Biomasse" müssten zu einer "Hauptsäule eines neuen Japans" werden, sagte er vor einem Ausschuss des japanischen Parlaments. Das Unglück von Fukushima müsse Japan "eine Lehre" sein. Japan deckt etwa ein Drittel seines Energiebedarfs aus Atomstrom und ist zudem stark von Ölimporten aus dem Nahen Osten abhängig.

+++ 16.27 Uhr: Der Kirchentag in Dresden will sich mit den Folgen der Umwelt- und Atomkatastrophe in Japan befassen. Eine der Fragen sei, ob der Mensch die Welt noch beherrsche, sagte Kirchentagspräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne). Eine der rund 2200 Einzelveranstaltungen laute etwa "Fukushima - das Ende der Atomenergie?!", zu der Bundesumweltminister Norbert Röttgen erwartet wird.

+++ 15.44 Uhr: Die Atomkatastrophe von Japan zieht auch bei der ARD-Serie "Lindenstraße" inhaltliche Änderungen nach sich. Die Folge am 17. April (18.50 Uhr) sollte eigentlich "Der Supergau" heißen. Der Titel der bereits vor eineinhalbb Jahren geschriebenen Episode habe sich aber nicht auf einen Reaktorunfall, sondern auf eine Beziehungsgeschichte bezogen. Die betroffene Folge heißt nun "Ein Ende mit Schrecken".

+++ 15.23 Uhr: Trotz massiver Kritik von Experten will die japanische Regierung die 20-Kilometer-Evakuierungszone rund um das Atomwrack Fukushima nicht erweitern. Auch die Sicherheitszone in einer Entfernung zwischen 20 bis 30 Kilometern bleibt erhalten.

+++ 14.37 Uhr: Wer sein Geld anlegen will, ohne damit zugleich die Atomindustrie zu unterstützen, hat es in Deutschland nicht ganz leicht. Es gibt nur wenige Finanzprodukte auf dem Markt, die diese Branche komplett ausschließen, so das Ergebnis einer Analyse von Stiftung Warentest. Viele Investmentfonds haben demnach beispielsweise Aktien bekannter Energieversorger wie Eon oder RWE in ihrem Portfolio, die ihre Kunden auch mit Atomstrom beliefern.

+++ 14.25 Uhr: In Finnland ist das Vertrauen in die Atomkraft nach dem schweren Unglück in Japan nachhaltig erschüttert. In dem skandinavischen Land, wo ein Europäischer Druckwasserreaktor (EPR) entsteht, stehen einer Umfrage vom Dienstag zufolge nur noch 48 Prozent der Befragten hinter dem Bau neuer Reaktoren. Im März 2010 waren es noch 53 Prozent.

+++ 14.08 Uhr: Hamsterkäufe in Tokio lassen auch Toilettenpapier knapp werden. Ob im Luxus-Supermarkt im Zentrum der japanischen Hauptstadt oder im Tante-Emma-Laden um die Ecke, überall finden sich statt der sonst üblichen Berge nur handgeschriebene Schilder mit Entschuldigungen für die Nachschubprobleme, meldet eine Nachrichtenagentur.

+++ 13.38 Uhr Die Brennstäbe in den Reaktoren 1 bis 3 des havarierten AKW Fukushima sind nach Angaben der japanischen Atomaufsicht beschädigt. Es bestehe eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die Schutzhüllen nicht mehr dicht seien, teilte die Behörde mit.

+++ 13.26 Uhr Thailand hat die Vernichtung einer Süßkartoffel-Lieferung aus Japan wegen Spuren von radioaktiver Strahlung angekündigt. Bei den Süßkartoffeln wurden Werte des radioaktiven Jod 131 von 15,25 Becquerel pro Kilo festgestellt. Die Grenze liege bei 100 Becquerel pro Kilo. Eine geringe Radioaktivität kann bei fast allen Lebensmitteln festgestellt werden. Angaben über die normale Strahlenbelastung von Süßkartoffeln machte das Ministerium nicht. Es handele sich um eine Vorsichtsmaßnahme.

+++ 13.04 Uhr Ministerpräsident Kan muss Kritik einstecken, dass er die Überlebenden in der Erdbebenzone noch nicht besucht hat. In der ersten größeren Meinungsumfrage seit dem Erdbeben konnte Naoto Kan am vergangenen Wochenende trotzdem seinen Beliebtheitsgrad um 8,4 Prozent steigern. Er liegt zwar immer noch bei mageren 28,3 Prozent, doch die Japaner scheinen die Regierung trotz aller Kritik nicht komplett abzustrafen. Laut der Umfrage sind 57,9 Prozent mit der Erdbeben- und Tsunamihilfe des Ministerpräsidenten zufrieden, 39,3 Prozent Zustimmung gibt es beim Umgang mit der atomaren Krise.

+++ 13.03 Uhr Toyota setzt Kreisen zufolge die Produktion in Japan größtenteils noch bis zum 11. April aus. Darüber habe der weltweitgrößte Autohersteller seine wichtigsten Zulieferer informiert, sagte eine mit der Situation vertraute Person am Dienstag. In den 18 heimischen Montagewerken, in denen Toyota- und Lexus-Modelle zusammengebaut werden, ruht derzeit die Herstellung.

+++ 12.37 Uhr Die Entdeckung des extrem giftigen und krebserregenden Stoffs Plutonium am Boden des Reaktorkomplexes deutet nach Ansicht der Atomaufsicht auf einen Bruch der Schutzhülle, auch wenn die Menge als nicht gesundheitsschädigend eingestuft wird. In der Opposition wurde deshalb am Dienstag die Forderung an die Regierung von Ministerpräsident Naoto Kan laut, die Evakuierungszone rund um Fukushima auszuweiten. Damit müssten zusätzlich zu den bereits in Sicherheit gebrachten 70.000 Bewohnern weitere 130.000 Menschen ihre Wohnorte verlassen.

+++ 12.17 Uhr Japan hat seine Teilnahme an der Eishockey-B-WM der Frauen (Division 1) in Ravensburg vom 11. bis 17. April wegen der Natur- und Nuklearkatastrophe abgesagt. Das Turnier wird nun mit den verbleibenden fünf Mannschaften China, Deutschland, Lettland, Norwegen und Österreich ausgetragen. Ein neuer Spielplan wird in Abstimmung mit dem Weltverband IIHF sowie den teilnehmenden Nationen erstellt.

+++ 11.53 Uhr Die afghanische Regierung hat eine Million US-Dollar an die japanische Regierung gespendet. Der japanische Botschafter Reiichiro Takahashi nahm die Spende von Afghanistans Finanzminister Omar Zazhilwal entgegen. Zazhilwal sagte, da Japan sein Land in der Vergangenheit oft finanziell unterstützt habe, wolle die afghanische Bevölkerung nun den Japanern helfen, ihre zerstörten Städte wieder aufzubauen.

+++ 11.28 Uhr Japans Regierungschef Naoto Kan hat angekündigt, ein Extra-Budget über zwei bis drei Trillionen Yen für den Wiederaufbau verwirklichen zu wollen. Das sind etwa 17 bis 25 Billiarden Euro. Ende April sollen die ersten Gelder fließen.

+++ 11.05 Uhr In Fukushima sind die Experten derzeit mit zwei scheinbar gegensätzlichen Arbeiten beschäftigt. Einerseits müssen sie die Brennstäbe mit Wasser kühlen, andererseits soll radioaktiv verseuchtes Wasser aus den Reaktorgebäuden abgepumpt und sicher gelagert werden. Das sei eine schwierige Arbeit, sagte ein Sprecher der Atomsicherheitsbehörde, Hidehiko Nishiyama. Arbeiter schichteten außerhalb der Gebäude Sandsäcke auf, um zu verhindern, dass das radioaktive Wasser im Erdboden versickert.

+++ 10.55 Uhr Dass Plutonium entdeckt worden sei, zeige die Schwere der Schäden, sagte Nishiyama, Sprecher der Atomsicherheitsbehörde. Es wird nur bei extrem hohen Temperaturen freigesetzt und zerfällt nur sehr langsam. Dadurch bleibt es über Jahrtausende gefährlich.

+++ 10.32 Uhr Der französische Präsident Nicolas Sarkozy plant laut Nachrichtenagentur Kyodo einen Besuch in Japan. Am Donnerstag wolle er in das asiatische Land reisen, um die Unterstützung und Solidarität der internationalen Gemeinschaft zu versichern. Er soll Japans Premier Naoto Kan in Tokio treffen. Damit wird Sarkozy der erste ausländische Regierungschef sein, der Japan seit der Katastrophe des 11. März besucht. Zudem kündigten französische Kernenergie-Unternehmen an, Experten als Unterstützung nach Fukushima schicken zu wollen.

+++ 10.30 Uhr Die Philippinen haben den Import tierischer Produkte aus den Regionen Japans gestoppt, die von der Nuklear-Krise betroffen sind. Fleisch, Milchprodukte, lebendige Tiere sowie Futterprodukte aus Fukushima, Ibaraki, Tochigi und Gunma dürfen nicht mehr eingeführt werden. Obst und Gemüse sind von dem Verbot nicht betroffen.

+++ 10.00 Uhr Auf den Philippinen sind in der Luft kleine Mengen radioaktiver Teilchen angekommen. "Die Strahlenbelastung ist sehr niedrig und stellt keine Gefahr für die Gesundheit dar", teilte das philippinische Kernforschungsinstitut PNRI am Dienstag mit. Es seien sehr kleine Mengen radioaktiver Isotope gemessen worden, die offenbar aus Fukushima stammten. Die Philippinen liegen mehr als 3000 Kilometer südwestlich von Japan. Auch in Südkorea wurden Spuren von radioaktivem Jod und Cäsium nachgewiesen.

+++ 9.05 Uhr Japans Regierung denkt über eine Verstaatlichung des Energiekonzerns Tepco nach. "Es ist natürlich, darüber zu diskutieren, wie Tepco in Zukunft funktionieren sollte", sagte der Minister für nationale Strategie, Koichiro Gemba, nach Angaben der Nachrichtenagentur Kyodo am Dienstag. Dabei sei eine Verstaatlichung "eine Option". Regierungssprecher Yukio Edano sagte, "zu diesem Zeitpunkt" erwäge die Regierung nicht die Verstaatlichung des Unternehmens.

+++ 8.28 Uhr Japans Regierungschef Naoto Kan kündigt ein Hilfs-Budget für die Erdbebenopfer im kommenden Monat an. Damit sollen die Aufräum- und Aufbauarbeiten in den Erdbeben- und Tsunamigeschädigten Regionen finanziert werden. Kan erwägt auch, die geplante Steuererleichterungen für Firmen auszusetzen. Man müsse klare Prioritäten setzen, so Kan.

+++ 8.10 Uhr Es tritt offenbar weiterhin hochgiftiges Plutonium aus. Das Schwermetall sickere ins Erdreich ein, hieß es am Dienstag aus Behördenkreisen. Nach Angaben des Kraftwerksbetreibers wurde an mehreren Stellen außerhalb des Meilers Plutonium entdeckt.

+++ 7.15 Uhr Wie die japanische Nachrichtenagentur Kyodo berichtet, sind noch rund 4000 Leichen der Opfer der verheerenden Naturkatastrophe vom 11. März in den schwer verwüsteten Regionen Iwate, Miyagi und Fukushima nicht identifiziert. 1700 Tote wurden versuchsweise durch ihre Habseligkeiten identifiziert, bei den restlichen 2300 Toten kann nur die Kleidung, die sie am Körper trugen, einen Hinweis auf ihre Identität geben.

+++ 6.32 Uhr Vor einem Parlamentsausschuss sagte der japanische Regierungschef Naoto Kan nach Angaben der Nachrichtenagentur Jiji, seine Regierung sei in "höchster Alarmbereitschaft". Die Lage in Fukushima bezeichnete er al "unebrechenbar".

+++ 5.40 Uhr Aus Fukushima-Daiichi tritt offenbar weiterhin hochgiftiges Plutonium aus. Das Schwermetall sickere ins Erdreich ein, hieß es am Dienstag aus Behördenkreisen. Nach Angaben des Kraftwerksbetreibers Tepco wurde an mehreren Stellen außerhalb des Meilers Plutonium entdeckt. Es gebe Hinweise darauf, dass die Radioaktivität von beschädigten Brennstäben stamme, erklärte Regierungssprecher Yukio Edano am Dienstag.

+++ 5.02 Uhr In China sind in weiteren Regionen radioaktive Partikel in der Atmosphäre gemessen worden. Spuren von Jod 131 seien in den Regionen Jiangsu, Shanghai, Zhejiang, Anhui, Guangdong und Guangxi im Südosten des Landes entdeckt worden, teilte das chinesische Umweltministerium am Dienstag auf seiner Internetseite mit. Eine Gefahr für die Gesundheit bestehe jedoch nicht.

+++ 5 Uhr Nach Funden von radioaktivem Regenwasser in den US-Bundesstaaten Massachusetts und Pennsylvania wurden nach Behördenangaben am Montag auch in Ohio erhöhte Strahlungswerte in Regenwasser nachgewiesen. Forscher der Case Western Reserve University in Cleveland erklärten, sie hätten eine kleine Menge Jod 131 aus Japan im Regenwasser auf dem Dach eines Campus-Gebäudes gefunden.

+++ 4.30 Uhr Laut dem japanischen Nachrichtensender NHK kehren die ersten Bewohner in die evakuierte Zone von 20 Kilometern um das Atomkraftwerk zurück. Vor allem ältere Menschen weigern sich, länger in den Notunterkünften zu bleiben. Sie sorgen sich um ihre Häuser.

+++ 3.39 Uhr Die Börse in Tokio hat angesichts der schwindenden Hoffnung auf eine baldige Eindämmung der Atom-Katastrophe erneut Verlust verbucht. Händler sorgten sich zudem um die Auswirkungen der Erdbeben- und Tsunami-Katastrophe auf die Bilanzen der Konzerne. Aktien des Betreibers des Unglücks-AKW Fukushima, Tepco, wurden am Dienstag wegen massiver Verkaufsorder vom Handel ausgesetzt.

(AFP/apd/kyodo/RTR/SID)
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