Dreikönigstreffen der FDPFDP-Dreikönigstreffen: Schluss mit Bimmelbahnreformen
Stuttgart (rpo). Am Dienstag sind die Liberalen in Stuttgart zu ihrem traditionellen Dreikönigstreffen zusammengekommen. FDP-Chef Guido Westerwelle will auf einer Grundsatzrede den zukünftigen Kurs seiner Partei abstecken.Sozialstaatsklempnerei, Bimmelbahnreformen und politische Notoperationen" - das alles will Guido Westerwelle nicht. Deshalb schlug der FDP-Chef auf dem traditionellen Dreikönigstreffen in Stuttgart am Dienstag harsche Töne an, als er die Reformpolitik der rot-grünen Bundesregierung kritisierte. Die Liberalen wollten weitergehende Reformen und "kein oberflächliches Renovierungsprogramm", sagte er bei seiner Rede im voll besetzten Staatstheater. Doch nicht der Reformeifer wird für den angeschlagenen Parteichef in diesem Jahr innerparteilich entscheidend sein, sondern sein Geschick bei der anstehenden Wahl des Bundespräsidenten und letztendlich auch mögliche Erfolge der Liberalen im Superwahljahr 2004. Für Westerwelle wird dieses Jahr also erneut zu einer Bewährungsprobe. Nach dem Tod des umstrittenen Bundesvizes Jürgen Möllemann im Juni zog der 42-jährige Parteichef sich für einige Monate zurück. Doch auch danach ging es nicht aufwärts. Während die FDP im Reform-Wirrwarr des vergangenen Herbstes in der Öffentlichkeit nur am Rande wahrgenommen wurde und bei den Verhandlungen im Vermittlungsauschuss keine große Rolle spielte, hoffen die Liberalen jetzt auf mehr Bedeutung. In der nächsten Woche will die Fraktion einen Gesetzesentwurf zur Steuerreform einbringen, der konkret aufzeigen soll, wie diese finanziert werden soll. Dass sich die Partei dadurch aber als mehrheitsentscheidende Reformkraft etablieren kann, ist unwahrscheinlich. Zünglein an der WaageNur bei der Bundespräsidentenwahl im Mai wird der FDP-Chef zeigen können, dass die Partei endlich mal wieder das Zünglein an der Waage spielen darf. Einen Vorgeschmack gab Westerwelle bereits auf dem Dreikönigstreffen. Die FDP wolle in der Bundesversammlung, die den Bundespräsidenten wählt, "mit ihrer gewachsenen Bedeutung verantwortungsvoll umgehen", kündigte Westerwelle an. Der Nachfolger von Johannes Rau müsse ein "Anker des Vetrauens in unruhigen Zeiten" sein. Nicht regionale Herkunft, Geschlecht oder Parteibuch seien entscheidend, sondern die Stärke und Überzeugungskraft der Persönlichkeit. Mit Blick auf die Union hob Westerwelle hervor, dass nur derjenige Bundespräsident werde, der eine Mehrheit bekomme. CDU und CSU sind bei der Wahl auf die Stimmen der FDP angewiesen. Es gebe aber keinen "Automatismus" für irgendeinen Kandidaten, sagte der Parteichef. Ihm fielen jedoch einige "hervorragende vorzügliche" liberale Persönlichkeiten ein, die sich als Staatsoberhaupt eigneten. Diese Option werde sich die FDP offen halten. Namen nannte Westerwelle jedoch nicht. Dass die FDP einen Kandidaten stellt, gilt momentan als eher unwahrscheinlich. Am wichtigsten für Westerwelles Ansehen ist, dass die Liberalen bei der Bundesversammlung geschlossen wählen, sei es nun eine eigene Persönlichkeit oder einen Kandidaten der Union. In schlechter Erinnerung ist immer noch die Wahl vor zehn Jahren, als die Alt-Liberale und mittlerweile aus der Partei ausgetretene Hildegard Hamm-Brücher als Zählkandidatin antrat und die FDP-Delegierten kein einheitliches Wahlverhalten zeigten, also auch an die Kandidaten von SPD und Union Stimmen vergaben. Gespräche mit der UnionIn den nächsten Wochen soll es deshalb Gespräche mit der Union geben. Eine Festlegung von CDU-Chefin Angela Merkel wird nicht vor März erwartet. Westerwelle hatte in der Vergangenheit immer wieder betont, dass ein möglicher FDP-Kandidat auch erst unmittelbar vor der Wahl am 23. Mai benannt werden könnte. Einer, dessen Name in diesem Zusammenhang immer mal wieder geäußert wird, ist der Ex-Parteichef und jetzige Fraktionsvorsitzende Wolfgang Gerhardt. Er gab sich auf dem Liberalen-Treffen in Stuttgart jedenfalls schon mal ganz staatsmännisch. Für seine Rede, die stark von der Außenpolitik geprägt war, erhielt er tosenden Beifall. Doch Gerhardt forderte auch eine "Mentalitätsveränderung" für Deutschland und eine Veränderung des gesellschaftlichen Klimas. Einige seiner Sätze klangen fast so, als wolle er an die berühmte "Ruck-Rede" von Altbundespräsident Roman Herzog von 1997 anknüpfen.