Alle Politik-Artikel vom 26. Januar 2004
Kassenarzt-Chef: Praxisgebühr vor dem Aus

Immer mehr Kassen bieten Bonusmodelle anKassenarzt-Chef: Praxisgebühr vor dem Aus

Berlin (rpo). Kaum eingeführt steht die 10-Euro-Praxisgebühr nach Auffassung von renomierter Stelle wieder vor der Abschaffung. Deutschlands oberster Kassenarzt schließt nicht aus, dass es die neue Praxisgebühr schon Ende dieses Jahres nicht mehr geben wird. "Es ist denkbar, dass es die Praxisgebühr Ende dieses Jahres nicht mehr geben wird, weil immer mehr Krankenkassen Bonusmodelle anbieten und ihre Versicherten von der Gebühr befreien", sagte Manfred Richter-Reichhelm, Vorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) der "Berliner Morgenpost" (Dienstagausgabe). Seit 1. Januar müssen Patienten bei jedem ersten Arztbesuch im Quartal zehn Euro bezahlen, sofern sie keinen Überweisungsschein haben. Ausnahmen gelten bei Vorsorgeuntersuchungen und Impfungen. Da das Gesundheitsmodernisierungsgesetz jedoch die Möglichkeit vorsieht, dass Kassen ihren Mitgliedern Boni offerieren, locken immer mehr Kassen mit dem Gebührenerlass. Dabei setzen die Kassen auf das Prinzip der hausarztzentrierten Versorgung. Patienten, die zuerst zum Hausarzt gehen, werden belohnt, müssen keine zehn Euro bezahlen. "Ich sehe darin mehrere Gefahren", warnt Richter-Reichhelm. Er erklärte: "Zum einen ist das eine relative Einschränkung der freien Arztwahl. Zum anderen ist noch fraglich, ob die Kassen wirklich sparen, wenn sie ihre Versicherten immer erst zum Hausarzt schicken." Die von den Kassen gewährten Boni müssten sich auch refinanzieren. Es sei möglich, "dass die Kassen beim hausarztzentrierten Modell auf einem Fehlbetrag sitzen bleiben."

Wieder böse Anschläge in Bagdad

Sechs irakische Polizisten unter den OpfernWieder böse Anschläge in Bagdad

Bagdad/Ramadi (rpo). Auch am Montagabend haben Unbekannte in Bagdad Anschläge verübt, bei denen insgesamt vier Menschen, darunter zwei irakische Polzisten ums Leben, kamen. Damit stieg die Zahl der Opfer in den letzten 24 Stunden auf zehn.Bei der Explosion eines Sprengsatzes kamen im Süden Bagdads am Montagabend zwei irakische Insassen eines Kleinbusses ums Leben, zwei Mitfahrer wurden schwer verletzt, wie ein irakischer Offizier sagte. Zuvor waren zwei Polizisten an einer Straßensperre südwestlich von Bagdad von Unbekannten erschossen worden. Bei dem Angriff rund 75 Kilometer von der Hauptstadt entfernt seien ein weiterer Polizist und zwei Zivilisten verletzt worden, sagte Polizeileutnant Salah Mehdi der Nachrichtenagentur AFP. Am Montagabend erschütterten mindestens drei Explosionen Bagdad, wie ein AFP-Korrespondent berichtete. Ein Sprecher der US-Armee bestätigte die Detonationen, konnte aber keine Angaben zu ihrer Ursache machen. In Ramadi, rund einhundert Kilometer westlich von Bagdad, schossen Unbekannte am Sonntagabend auf eine Polizeiwache und tötete vier Polizisten, wie ihr Vorgesetzter Ahmed Mohammed el Dulaimi sagte. Eine Viertelstunde zuvor hätten US-Soldaten die Wache verlassen. Die Täter seien keine Aufständischen, sondern "Banditen" gewesen, und sie seien entkommen.

Bericht: Thierse zeigt keine Gnade für die SPD

Wegen der Wuppertaler SpendenaffäreBericht: Thierse zeigt keine Gnade für die SPD

Wuppertal (rpo). Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) hat die SPD wegen der Wuppertaler Parteispendenaffäre um den damaligen Oberbürgermeister Hans Kremendahl angeblich mit einer satten Geldstrafe von knapp 770.000 Euro belegt. Damit muss die Bundespartei die Folgen des Wuppertaler Skandals aus dem Jahr 1999 tragen. Damals hatte der Bauunternehmer Uwe Clees den Kommunalwahlkampf der örtlichen SPD mit insgesamt 500 000 Mark unterstützt, um Oberbürgermeister Hans Kremendahl die Wiederwahl zu ermöglichen. Von ihm erwartete er "mehr Planungssicherheit" für seine Projekte in Wuppertal, hatte Clees selbst vor Gericht erklärt. Vor gut einem Jahr verurteilte das Wuppertaler Landgericht den Unternehmer wegen Vorteilsgewährung, sprach aber den Oberbürgermeister vom Vorwurf der Vorteilsannahme frei. Kremendahl habe darauf vertraut, dass die SPD das Parteiengesetz befolgen werde, so die Urteilsbegründung. Über das Revisionsbegehren der Staatsanwaltschaft in Sachen Kremendahl ist am Bundesgerichtshof noch nicht entschieden. Die Bundestagsverwaltung ist laut "Westdeutscher Zeitung" jetzt dem Tenor des Urteils gefolgt und konstatiert in ihrem Bescheid einen mehrfachen Verstoß gegen das Parteiengesetz. Neben der Verbuchung diverser Einzelspenden aus dem Hause Clees unter "sonstige Einnahmen" werde auch die Annahme der Spenden gerügt, da sie erkennbar in Erwartung der Realisierung eines Bauprojektes geleistet worden seien. Ein Verstoß gegen das Parteiengesetz liege auch vor, weil statt Clees zwei Scheinspender im Rechenschaftsbericht auftauchten. Nun muss die SPD das Dreifache der Clees-Spenden und zu Unrecht erhaltene Zuwendungen wegen zweier kleineren Spenden zurückerstatten, wie es in dem Blatt weiter heißt. Das summiere sich auf 768 318,73 Euro. Die Summe werde der SPD bei der staatlichen Zuwendung, die am 15. Februar fällig sei, abgezogen - falls die Partei nicht gerichtlich gegen den Bescheid vorgehe.

BGS-Beamte wegen Tod eines Abschiebehäftlings angeklagt

Prozessauftakt am 2. FebruarBGS-Beamte wegen Tod eines Abschiebehäftlings angeklagt

Frankfurt/Main (rpo). Weil die drei Beamten des Bundesgrenzschutzes den sich heftig wehrenden Abschiebhäftling in seinen Sitz pressten und dabei erstickt haben sollen, hat die Staatsanwaltschaft Anklage wegen fahrlässiger Tötung erhoben. Der Prozess beginnt in wenigen Tagen.Der Vorfall liegt bereits fünf Jahre zurück. Prozessauftakt ist am Montag, den 2. Februar, wie die Flüchtlingshilfe-Organisation Pro Asyl am Montag in Frankfurt am Main mitteilte. Die Angeklagten - zwei Polizeiobermeister und ein Polizeimeister - hatten am 28. Mai 1999 den sich heftig wehrenden Sudanesen Aamir Ageeb auf dem Flug von Frankfurt nach Khartoum in Sudan begleitet. Dabei hatten sie der Anklage zufolge den Gefesselten so heftig in seinem Sitz nach unten gedrückt, dass dieser dabei erstickte. In ihrer Anklageschrift beruft sich die Staatsanwaltschaft auf ein Gutachten der Münchner Rechtsmedizin. Danach war durch das Herunterdrücken des Oberkörpers die Brust- und Bauchatmung des Sudanesen verhindert worden. Ageeb sollte abgeschoben werden, weil er wegen Nötigung, Diebstahls, Hausfriedensbruchs, gefährlicher Körperverletzung und Beleidigung vorbestraft war. Den drei BGS-Beamten droht eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren.

Bayerns Finanzminister entschuldigt sich in "Gruft-Affäre"

Faltlhauser wegen widersprüchlicher Statements unter DruckBayerns Finanzminister entschuldigt sich in "Gruft-Affäre"

München, 26. Januar (rpo). Die Pfändung der Gruft von Franz-Josef Strauss durch das Finanzamt hatte am Wochenende in ganz Bayern für Aufruhr gesorgt. Zusätzliches Chaos bescherte der CSU ihr bayerischer Finanzminister mit widersprüchlichen Aussagen, für die er sich nun entschuldigt hat.Nach wachsendem öffentlichen Druck wegen der Beschlagnahmung der Gruft von Franz Josef Strauß entschuldigte sich Bayerns Finanzminister Kurt Faltlhauser (CSU) nun auch offiziell bei der Familie des ehemaligen Ministerpräsidenten. Wegen der "entstandenen Missverständnisse" entschuldige er sich namens der Finanzbehörden, erklärte Faltlhauser am Montag in München. Zuvor hatten Zeitungen über falsche Angaben des Finanzministers zum Vorgehen des Finanzamts München berichtet. Dieses hatte demnach in einem Brief gegenüber den Strauß-Kindern Franz Georg Strauß und Monika Hohlmeier auf der Pfändung beharrt und für eine Aufhebung eine Ablösesumme verlangt. Noch am Wochenende hatte Faltlhauser eine staatliche Ablöseforderung für die im Zusammenhang mit dem Steuerprozess gegen den ältesten Strauß-Sohn Max vorübergehend beschlagnahmte Gruft als "haltlose Unterstellung" bezeichnet. In seiner Stellungnahme erläuterte Faltlhauser, dass das Finanzamt tatsächlich eine Ablösung der Pfändung angeboten habe. Dies habe sich aber nur auf die materiell werthaltigen Grundstücke im Besitz von Max Strauß bezogen und nicht auf das Grabgrundstück. Allerdings habe das Schreiben des Finanzamts, aus dem die "Süddeutsche Zeitung" und die "Abendzeitung" am Montag zitiert hatten, zu Missverständnissen führen müssen. Hohlmeier besänftigtHohlmeier akzeptierte die Entschuldigung und erklärte, damit sei die Angelegenheit für sie beendet. Nach einer von der Grünen-Landtagsfraktion beantragten Aktuellen Stunde unter dem Titel "Die Gruft-Affäre: Hat der Finanzminister gelogen?" wird sich der Minister aber am Dienstag vor den bayerischen Abgeordneten äußern müssen. Auch mehrere Vertreter der CSU hatten Faltlhauser für sein Verhalten kritisiert. Die Pfändung war in der vergangenen Woche bekannt geworden. Faltlhauser und Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) mussten in dem Zusammenhang einräumen, bereits seit Wochen von dem Vorgang gewusst zu haben, ohne etwas dagegen zu unternehmen. Die Pfändung war nach massiven Protesten vor allem aus der CSU auch ohne Ablöse wieder aufgehoben worden.

Iranische Regierung erwägt Absage der Parlamentswahl

Reformer planen BoykottIranische Regierung erwägt Absage der Parlamentswahl

Teheran (rpo). Weil liberale Kandidaten nach dem Veto des konservativen Wächterrats an der Parlamentswahl nicht teilnehmen dürfen, erwägt die iranische Regierung eine Absage der Parlamentswahl im Februar. Dass Bewerber mit unterschiedlichen Ansichten antreten, sei die wichtigste Voraussetzung für eine solche Abstimmung, erklärte das Kabinett am Montag. Die Regierung werde weiterhin alles tun, um freie und faire Wahlen zu ermöglichen. Reformer haben bereits erklärt, sie würden nicht bei einer Parlamentswahl kandidieren, bei der mehr als ein Drittel der Bewerber ausgeschlossen ist. Ein Studentenführer kündigte am Montag Massenproteste gegen die Hardliner an. Mit dem Veto des Wächterrats drohe Iran ein politisches Chaos, befürchteten Reformer weiter. "Die Ablehnung bringt alle Reformer und alle, die freie und faire Wahlen wollen, einem Boykott näher", erklärte Fatemeh Hakikatschu, eine der ausgeschlossenen Abgeordneten, der Nachrichtenagentur AP. Mit dem ersten in höchster Dringlichkeitsstufe verabschiedeten Gesetz seit der islamischen Revolution 1979 hatte das derzeit von Reformern dominierte Parlament den Wächterrat dazu bringen wollen, doch noch die meist reformorientieren Kandidaten für die Parlamentswahl zuzulassen, die vom Wächterrat unter Angabe formaler Gründe disqualifiziert worden waren. Es handelt sich um mehr als ein Drittel der 8.200 Bewerber; etliche davon sind derzeit noch Abgeordnete. Studentenführer Hossein Bakeri erklärte am Montag, Studenten aller Universitäten in Teheran würden noch am selben Tag mit ihren Professoren gegen die Nichtzulassung aussichtsreicher Kandidaten protestieren und die konservativen Kräfte kritisieren, "die die Wahlmöglichkeiten des Volkes einschränken". Reformer haben dem Wächterrat vorgeworfen, mit der zusammen gestrichenen Kandidatenliste auf Scheinwahlen zuzusteuern. "Unverhüllte Diktatur" des WächterratsVor dem Veto hatte der Abgeordnete Radschabali Masruei von einer Entwicklung von historischer Bedeutung für Iran gesprochen: "Der Wächterrat wird einen hohen Preis dafür bezahlen, wenn er das Gesetz zurückweist, weil er dann öffentlich zeigt, dass sein wahres Ziel die Verhängung einer unverhüllten Diktatur ist." Alle Möglichkeiten zur Entspannung der Krise seien mit einem Veto vertan. Die vom Parlament verabschiedete Vorlage sollte das Wahlgesetz dahingehend ergänzen, dass allen Kandidaten oder Abgeordneten, die in der Vergangenheit gebilligt wurden, die Kandidatur gestattet werden muss, sofern keine rechtlich eindeutig belegbaren Gründe dagegen sprechen. Ferner soll der Wächterrat diejenigen Kandidaten genehmigen müssen, die von lokalen Vertrauenspersonen als loyal gegenüber dem Islam und der islamischen Regierung erachtet werden.

Abgeordnete kriegen 1.950 Euro mehr

Zuzahlung für Mitarbeiter und BüroausstattungAbgeordnete kriegen 1.950 Euro mehr

Berlin (rpo). Bei den meisten Arbeitnehmern kann von einer Geldflut im Portemonnaie keine Rede sein. Doch bei den Bundestagsabgeordneten wird eine Überweisung erhöht: Für Mitarbeiter und Büroausstattung gibt es ab April insgesamt 1,950 Euro mehr aufs Konto. Zum 1. April wird die Pauschale für die Beschäftigung von Mitarbeitern um 750 auf 9.729 Euro erhöht, der Betrag für Sachleistungen wurde bereits zum 1. Januar um 1.200 auf 7.500 Euro angehoben, wie Bundestagssprecher Hans Hotter am Montag auf Anfrage erklärte. Beide Schritte hingen im Wesentlichen mit der Vergrößerung der Wahlkreise bei der letzten Bundestagswahl 2002 zusammen. Über die Erhöhung der Pauschalen hatte zuvor die "Bild"-Zeitung berichtet. Nach Angaben Hotters wurden sie im vergangenen Jahr mit dem Bundeshaushalt 2004 beschlossen. Der Bundestagssprecher wies darauf hin, dass der Betrag für Sachleistungen zuletzt 2002 angehoben worden sei. Die Erhöhung der Mitarbeiterpauschale sei durch Einsparungen an anderer Stelle des Bundestagshaushalts ausgeglichen worden.

US-Vorwahlen: Kerry klarer Favorit
US-Vorwahlen: Kerry klarer Favorit

Abstimmung in New Hampshire mit SignalfunktionUS-Vorwahlen: Kerry klarer Favorit

Concord/USA (rpo). In New Hampshire läuft der Countdown für die nächste demokratische Vorwahl um die US-Präsidentschaftskandidatur. Nach einer neuen Umfragen ist der schon in Iowa erfolgreiche Senator John Kerry aus Massachusetts klarer Favorit. Das Ergebnis aus New Hampshire hat eine wichtige Signalfunktion für den weiteren Verlauf um die Präsidentschaftsnominierung der Demokraten. In einer Meinungsumfrage des Instituts Gallup lag Kerry am Wochenende mit 36 Prozent der Stimmen vorn. Es folgten Dean mit 25 Prozent, der ehemalige NATO-General Wesley Clark mit 13 Prozent sowie die beiden Senatoren John Edwards und Joe Lieberman mit je zehn Prozent. Kerry hatte in der vergangenen Woche überraschend die Abstimmung auf der ersten Parteiversammlung (Caucus) im Staat Iowa gewonnen. Zweiter wurde Edwards. Der Präsidentenwahl am 2. November geht ein kompliziertes Verfahren aus Parteiversammlungen und Vorwahlen (Primaries) voraus, bei denen die Demokraten den Herausforderer des republikanischen Präsidenten George W. Bush ermitteln. Entsprechend der Ergebnisse der einzelnen Bewerber verteilen sich die Delegierten, die auf dem Wahlparteitag dann endgültig den Kandidaten küren. Der Wahlparteitag der Demokraten findet in diesem Jahr vom 26. bis 29. Juli in Boston statt, die Republikaner kommen vom 30. August bis 2. September im New Yorker Madison Square Garden zusammen. Der demokratische Kandidat braucht für eine Nominierung mindestens 2.162 der insgesamt 4.322 Delegiertenstimmen. Am Dienstag kommender Woche finden Caucuses und Primaries in den Staaten Arizona, Delaware, Missouri, New Mexico, North Dakota, Oklahoma und South Carolina an. Dabei wird an einem Tag über insgesamt 269 Delegiertenstimmen entschieden. In New Hampshire geht es um 22 Delegiertenstimmen. Der Staat ist für überraschende Ergebnisse bei der Vorwahl bekannt; in der Vergangenheit lagen häufig Außenseiter vorn. Acht bis 15 Prozent der Wähler waren jüngsten Umfragen zufolge noch unentschieden.

Inkompetent im Irak: Schwere Vorwürfe gegen Geheimdienste

Ex-Waffeninspekteur: Wissenschaftler erfanden WaffenprogrammeInkompetent im Irak: Schwere Vorwürfe gegen Geheimdienste

Washington (rpo). Scharfe Kritik an den Geheimdiensten hat der zurückgetretene US-Waffeninspekteur David Kay geäußert. Im Zusammenhang mit der bislang ergebnislosen Suche nach irakischen Massenvernichtungswaffen erklärte er die Geheimdienste indirekt für unfähig, verlässliche Informationen zu beschaffen. Es bestünden allemal Zweifel an deren Fähigkeit, gültige und wahrhaftige Informationen zu erlangen, sagte Kay am Sonntagabend dem amerikanische Rundfunksender National Public Service. Ferner bezichtigte er irakische Wissenschaftler der Korruption, was ebenfalls zu falschen Informationen beigetragen habe. Der am Freitag zurücktretene Waffenexperte bekräftigte im Rundfunk seine zuvor schon geäußerte Auffassung, dass keine irakischen Massenvernichtungswaffen existierten. Auf die Frage, ob er glaube, dass Präsident George W. Bush dem amerikanischen Volk eine Erklärung für die Diskrepanz zwischen seinen Warnungen und den bisherigen Erkenntnissen schulde, sagte Kay: "Ich glaube, die Geheimdienste schulden dem Präsidenten etwas, nicht aber der Präsident dem amerikanischen Volk." In einem Interview der "New York Times" erklärte der Waffeninspekteur, die Geheimdienste hätten unter anderem das Spiel der irakischen Wissenschaftler nicht durchschaut. Diese hätten dem damaligen Staatschef Saddam Hussein ehrgeizige Waffenprogramme vorgelegt, um Forschungsgelder zu erhalten. Die Mittel seien dann aber in andere Kanäle geleitet worden. In diesem korrupten System seien manche Waffenprogramme rein erfunden worden, was jedoch selbst das inzwischen gestürzte Regime nicht durchschaut habe. Der US-Geheimdienst CIA äußerte sich zunächst nicht zu den Anschuldigungen Kays. Ein Beamter ließ lediglich verlauten, der Waffenexperte habe zu Beginn seiner Suche schließlich selbst daran geglaubt, dass er Massenvernichtungswaffen finden werde. Ungeachtet der Aussagen Kays machte der demokratische Präsidentschaftsbewerber Senator John Kerry vorrangig die Regierung von US-Präsident George W. Bush für die jüngsten Entwicklungen verantwortlich. Er sehe sich in seiner Überzeugung bestärkt, dass die Regierung die von Irak ausgehende Bedrohung übertrieben habe, sagte Kerry dem Fernsehsender Fox News: "Wir wurden in die Irre geführt, nicht nur von den Geheimdiensten, sondern auch in der Art und Weise wie uns der Präsident in den Krieg geführt hat. Ich glaube, da war viel Übertreibung dabei." Rückdeckung von BlixAuch der frühere Leiter der UN-Inspekteure in Irak, Hans Blix, erklärte, die USA hätten wissen müssen, dass die Geheimdienstinformationen nicht stimmten. Schließlich hätten die Hinweise, denen sein UN-Team nachgegangen seien, zu keinen Ergebnissen geführt. "Ich fragte mich, was da los ist", sagte Blix der Nachrichtenagentur AP. "Wenn man merkt, dass der Zug in die falsche Richtung fährt, ist es doch das beste, an der nächsten Haltestelle auszusteigen." Das Weiße Haus sowie die britische Regierung hielten indessen an ihrer Überzeugung fest, dass Irak Massenvernichtungswaffen besessen habe und dass diese mit der Zeit schon noch gefunden würden. Der britische Außenminister Jack Straw verteidigte im BBC-Rundfunk am Montag auch noch einmal den Krieg gegen Irak. Kays Rücktritt führte er in erster Linie auf reine Enttäuschung über den erfolglosen Verlauf der Suche zurück.

Diäten-Erhöhung für EU-Abgeordnete vom Tisch

Deutschland, Österreich, Frankreich und Schweden gegen EntwurfDiäten-Erhöhung für EU-Abgeordnete vom Tisch

Brüssel (rpo). Es gibt doch keine höheren Diäten für die EU-Abgeordneten. Deutschland, Österreich, Frankreich und Schweden haben gegen die umstrittene Anhebung bei einem Treffen der EU-Außenminister gestimmt. Damit ist das Thema für diese Legislaturperiode vom Tisch. Der deutsche Außenminister Joschka Fischer sagte: "Alle Beteiligten sollten da noch mal in Ruhe drüber nachdenken." Fischer verwies auf die einschneidenden Reformen im deutschen Sozialsystem. Eine Erhöhung der EU-Diäten wäre zum jetzigen Zeitpunkt "nicht darstellbar" gewesen. Die gewonnene Zeit biete "den Abgeordneten auch die Chance im Wahlkampf, wo sie in einen Kontakt mit der Bevölkerung kommen, für ihre Position zu werben". Das Europäische Parlament wird vom 10. bis 13. Juni neu gewählt, in Deutschland ist der Urnengang am 13. Juni. Der CDU-Abgeordnete im Europäischen Parlament, Klaus-Heiner Lehne, bedauerte die Entscheidung. Der Vorschlag des Parlaments sei "seriös und ausgewogen" gewesen. Das Parlament wollte, dass alle Abgeordneten einheitlich 9.053 Euro beziehen. Bislang werden die EU-Parlamentarier gemäß den Diäten der nationalen Abgeordneten bezahlt. Deutsche Abgeordnete erhalten monatlich 7.009 Euro. Parlamentarier aus den neuen EU-Ländern bekommen dagegen wesentlich weniger, wenn sie der Volksvertretung nach der Wahl im Juni angehören. Aufhebung von Waffenembargo gegen China beratenBei ihrem Treffen berieten die Minister erstmals seit dem gescheiterten Gipfel im Dezember über die geplante europäische Verfassung. Fischer mahnte eine Einigung vor der Europawahl an. Dies wäre angesichts der Herausforderungen für die EU 2004 von großer Bedeutung. Er hoffe, dass bereits auf dem März-Gipfel "der Weg zu einem Durchbruch" geebnet werde. Die EU könne sich "ein zweites Scheitern nicht mehr leisten". Polen bekräftigte dessen ungeachtet sein Haltung. Außenminister Wlodzimierz Cimoszewicz sagte, Polen lehne die Einführung einer doppelten Mehrheit bei der Stimmengewichtung der Mitgliedstaaten nach wie vor ab. Die EU sollte am Vertrag von Nizza festhalten und damit "praktische Erfahrungen sammeln". Die Vorbehalte seiner Regierung hätten Bestand. "Wir glauben weiter, dass der Abstimmungsmodus von Nizza der bessere ist." Polen und Spanien waren im Dezember nicht bereit, die im Verfassungsentwurf des EU-Konvents vorgesehene doppelte Mehrheit zu akzeptieren, die ihnen Nachteile im Vergleich zum Nizza-Vertrag brächten. Besonders Deutschland dringt dagegen auf die Einführung der doppelten Mehrheit, in der die Bevölkerungsgröße der Mitgliedstaaten stärker berücksichtigt wird. Fischer warnte zugleich vor einem Europa der zwei Geschwindigkeiten. Eine engere Zusammenarbeit einzelner Staaten sei nicht der Weg, eine nach außen "starke und handlungsfähige Union" mit 25 Mitgliedstaaten aufzubauen. Dies könne nur mit einer "gehärteten Spitze der Verfassung" zu Stande kommen. Am Nachmittag sprachen die Minister über die Forderung Frankreichs nach einer Aufhebung des seit 1989 bestehenden EU-Waffenembargos gegen China. Der französische Außenminister Dominique de Villepin bezeichnete das Embargo als nicht mehr zeitgemäß. Eine Entscheidung forderte er auf dem EU-Gipfel im März. Fischer mahnte allerdings weiteren Klärungsbedarf in Sachen Menschenrechten und den Beziehungen Chinas zu Taiwan an. "Das muss alles noch sorgfältig abgewogen werden."

Umbau oder Auflösung: Streit um Zukunft der Bundesagentur

Suche nach Gerster-Nachfolger läuft auf HochtourenUmbau oder Auflösung: Streit um Zukunft der Bundesagentur

Frankfurt/Main (rpo). Kaum ist der Chef weg, werden Forderungen laut, das gleiche solle auch mit der Bundesagentur für Arbeit passieren. Nach der Entlassung Florian Gersters ist ein Streit um die Zukunft der Behörde entbrannt. FDP-Chef Guido Westerwelle plädierte erneut für die Auflösung der BA. SPD und Union äußerten heftigen Widerstand. Ein Umbau der Behörde ist nach Aussage von Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement jedoch bereits in vollem Gange. So werde die Zentrale in Nürnberg von 1.100 auf 400 Stellen verkleinert. Die Suche nach einem Gerster-Nachfolger läuft derweil auf Hochtouren. Westerwelle sagte dem WDR, die Nürnberger Agentur sei eine Mammutbehörde: "Die ist nicht führbar, die ist nicht reformierbar." Man müsse sie deswegen auflösen und durch kleinere Einheiten ersetzen. Clement hielt dagegen, dass man die Bundesagentur angesichts der derzeit vier Millionen Arbeitslosen brauche. "Sollen wir die vier Millionen Arbeitslosen zur FDP-Zentrale nach Berlin schicken?", fragte der SPD-Politiker im ZDF. Zudem verwies er auf die laufenden Bemühungen um Dezentralisierung der BA: "Es geht alles in die Vermittlung vor Ort. Es wird eine dezentrale Steuerung verfolgt, mit Erfolgskontrolle vor Ort." Auch CSU-Generalsekretär Markus Söder kündigte an, sich für den Erhalt und eine Modernisierung der Behörde einzusetzen. Ähnlich äußerte sich der sozialpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Karl-Josef-Laumann, im Inforadio Berlin-Brandenburg. Eine Auflösung sei derzeit nicht sinnvoll. Bundeskanzler Gerhard Schröder verteidigte derweil die Entlassung Gersters. Die Arbeitsfähigkeit der Behörde wäre durch einen Dauerkonflikt zwischen Verwaltungsrat und Vorstand in Mitleidenschaft gezogen worden. Für Gersters Nachfolger werde sich Arbeitsminister Clement wie vorgesehen mit dem Verwaltungsrat in Verbindung setzen und dann dem Kabinett einen Vorschlag machen. Der VW-Personalvorstand Peter Hartz steht nach Angaben seines Unternehmens jedoch nicht für die Nachfolge von Gerster zur Verfügung. "Herr Hartz ist und bleibt Vorstandsmitglied bei Volkswagen", sagte ein VW-Sprecher. Gerster sieht sich als OpferGerster bezeichnete sich beim ersten öffentlichen Auftritt nach seiner Entlassung in der ARD-Talk-Show Sabine Christiansen am Sonntagabend als Opfer eines im Voraus abgekarteten Spiels. Der Verwaltungsrat habe sich bereits vor dem Misstrauensvotum am Samstag auf seine Haltung festgelegt: "Das Ergebnis stand fest, bevor der Prüfungsbericht der Innenrevision vorliegen konnte", sagte Gerster. Das Kontrollgremium habe ihm keine Fakten vorlegen können, die eine Entlassung hätten rechtfertigen können, betonte Gerster. Selbst die festgestellten Fehler bei der Vergabe von Beraterverträgen seien als nicht gravierend genug eingeschätzt worden. Die stellvertretende DGB-Chefin und BA-Verwaltungsratsvorsitzende Ursula Engelen-Kefer wies den Vorwurf einer gezielten Kampagne gegen Gerster zurück. Die Gewerkschaften stünden hinter dem Konzept zum Umbau der Bundesagentur, betonte sie im Deutschlandfunk. Allerdings müsse der Reformprozess gemeinsam mit deren Beschäftigten vollzogen werden. Dies sei Gerster nicht gelungen. Scharfe Kritik übte der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck an den Umständen der Entlassung Gersters. Der SPD-Politiker sprach von "Ränkespielen" und einer "medialen Treibjagd". "Das war kein Glanzstück für Deutschland und seine Politik", sagte er.

Clement weist Vorwurf der Vetternwirtschaft zurück

Vorwürfe wegen Umzug der Staatskanzlei in das "Stadttor"Clement weist Vorwurf der Vetternwirtschaft zurück

Düsseldorf (rpo). Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) hat sich vor dem so genannten Filz-Untersuchungsausschuss des Düsseldorfer Landtages gegen den Vorwurf der Vetternwirtschaft zur Wehr gesetzt. Hintergrund der Affäre ist der Umzug der nordrhein-westfälischen Staatskanzlei in das "Stadttor". "An den Vorwürfen ist nichts dran", sagte Clement am Montag vor dem Gremium. Der SPD-Politiker attackierte zugleich die Oppositionsfraktionen von CDU und FDP. Der Untersuchungsausschuss sei eingesetzt worden, um ihn "persönlich herabzusetzen". Dagegen werde er sich wehren. Clement sagte weiter, dass sein Name seit sechs Jahren mit dem Begriff der Vetternwirtschaft in Verbindung gebracht werde. Dies habe ihn "innerlich aufgebracht und ziemlich verletzt". CDU und FDP vermuten, dass der frühere Inhaber einer Hamburger Werbeagentur, Christian Langer, von seiner Freundschaft zu Clement finanziell profitierte. Clement nannte das "Stadttor" ein "Symbol für das Land NRW" und "die Moderne des Landes". Es sei in Deutschland aber wahrscheinlich so, dass es als Frevel" gelte, wenn etwas nur positiv sei. Um etwas Negatives an dem Stadttor zu finden, müsse aber "durch ein besonders kleines Karo" geblickt werden.

Union legt Steuerstreit im Grundsatz bei

Entlastung von zehn Milliarden geplantUnion legt Steuerstreit im Grundsatz bei

Berlin (rpo). Wochenlang gab es bei der Union einen parteiinternen Streit in der Frage der Steuerpolitik zwischen CDU und CSU. Jetzt haben die Parteivorsitzenden Angela Merkel und Edmund Stoiber ihren Streit im Grundsatz beigelegt und sich neben einer weit reichenden Steuervereinfachung auch eine Entlastung der Steuerzahler um zehn Milliarden Euro geeinigt.

Saddams Erdloch: Potenzial zur Touristenattraktion
Saddams Erdloch: Potenzial zur Touristenattraktion

US-Armee will Versteck des einstigen Machthabers zerstörenSaddams Erdloch: Potenzial zur Touristenattraktion

El Daur (rpo). Es dürfte wohl das berühmteste Erdloch der Welt sein und es wird jetzt zu einem Kapitel der schwierigen Vergangenheitsbewältigung im Irak: Am 13. Dezember 2003 zogen US-Soldaten Saddam Hussein aus seiner letzten Behausung unterhalb der Grasnarbe. Und nun? Was macht man mit solch einem Ort? Einebnen? Oder wird es zur Touristenattraktion?Schon jetzt ist das Versteck auf dem Bauernhof in El Daur, rund 180 Kilometer nördlich von Bagdad, Magnet für US-Soldaten, die vor ihrer Abberufung aus Irak noch einmal für ein Foto vor der Stätte des amerikanischen Triumphs posieren. Bevor dort aber am Ende Postkarten, T-Shirts und Souvenirs verkauft werden, will die US-Armee dem Ganzen Einhalt gebieten und den Ort dem Erboden gleichmachen. Das aber löst bei den meisten Irakern Unmut aus. "Es ist nicht an uns zu entscheiden, was mit dem Ort der Gefangennahme geschehen soll", sagt die US-Offizierin Josslyn Aberle von der 4. Infanteriedivision. "Aber wir würden gern die Empfehlung aussprechen, diesen Ort abzureißen." Das Erdloch habe das Potenzial, zu einer Touristenattraktion zu werden. Dies sei aber angesichts der andauernden US-Militäreinsätze in der Region viel zu gefährlich. El Daur liegt im sunnitischen Dreieck, jenem Schwerpunkt des gewaltsamen Widerstandes gegen die Besatzungstruppen, wo fast täglich US-Soldaten und Zivilisten bei Anschlägen getötet werden. Für viele Bewohner El Daurs machte die Festnahme des einstigen Herrschers von Bagdad unmittelbar vor ihrer Haustür ihr Dorf zu einem "Ort der Schande", der den Verrat am irakischen Volk symbolisiere; dennoch wollen nur wenige, dass das Erdloch verschwindet. "Warum wollen sie denn diesen Ort zerstören? Haben sie Angst, dass Saddam Hussein zurückkommt und sich dort noch einmal versteckt?" fragt der pensionierte Lehrer Abdul Dschaber Omar el Duri. Der junge Saddam Hussein war 1959 schon einmal auf dem Bauernhof in El Daur untergetaucht, nachdem ein Mordanschlag auf den damaligen irakischen Staatschef Abdul Karim Kassim fehlgeschlagen war. "Ob sie nun das Loch beseitigen oder nicht - dieser Ort sollte erhalten bleiben, um zu bezeugen, was dort geschehen ist", sagt Duri. Seit dem 13. Dezember ist das kümmerliche Versteck, in das sich der Ex-Diktator mit ein paar Habseligkeiten und einem Geldkoffer geflüchtet hatte, abgeriegelt und streng bewacht. Nur einige US-Armeeangehörige, prominente Vertreter der Besatzungsmächte und Journalisten konnten den Ort bisher besichtigen. Der wachhabende Leutnant der irakischen Zivilverteidigung, Saddam Ragher, hat keine Zweifel, dass sich Besucherstörme einstellen, sollte der Platz freigegeben werden. "Jeder will doch den Ort sehen, wo der Mann, der einst Irak beherrschte und in den schönsten Palästen lebte, geendet ist", sagt er. Aber auch Ragher will die Stätte nicht zerstört sehen. "Dieser Ort, wie das ganze Land, gehört nicht mehr Saddam Hussein. Er gehört dem irakischen Volk und sollte erhalten werden, um uns als Zeuge daran zu erinnern, was geschehen ist."

Gerster: "Sehr gründlich vorbereitete" Kampagne

Ex-BA-Chef: Kein wirklicher Grund für VertrauensentzugGerster: "Sehr gründlich vorbereitete" Kampagne

Berlin (rpo). Der Abgang von Florian Gerster geht nicht so leise über die Bühne, wie es sich manch einer vielleicht erhofft hatte. Der Ex-Chef der Bundesagentur für Arbeit erhebt schwere Vorwürfe gegen den Verwaltungsrat der Behörde. Seine Ablösung sei "sehr gründlich vorbereitet worden".Das sagte Gerster am Sonntagabend in der ARD-Sendung "Sabine Christiansen". "Das Ergebnis stand schon fest, bevor der Prüfungsbericht der Innenrevision vorliegen konnte." In der entscheidenden Sitzung des Verwaltungsrats am Samstag habe er nur "atmoshärische" Antworten erhalten, aber keine eindeutigen Antworten, "ob das, was der Auslöser war für diese Aufregung in den letzten Wochen, tatsächlich zu solchen Konsequenzen führen kann". Gerster fügte hinzu, ihm sei im Gegenteil gesagt worden, "Nein, das gibt das nicht her, aber Sie müssen trotzdem gehen." Zu der Frage, ob er geglaubt habe, die Stimmung im Verwaltungsrat noch zu seinen Gunsten drehen zu können, sagte Gerster: "Ich wollte kämpfen und ich wollte denen, die mich nach Hause schicken, in die Augen sehen, während sie das tun." Er kritisierte weiter, dass der Verwaltungsrat ihm keinen wirklichen Grund für den Vertrauensentzug genannt habe. Stattdessen habe er "bei allen entscheidenden Punkten" Schweigen geerntet. Offenbar hätten sich viele Mitglieder des Gremiums einem Gruppendruck gebeugt. Gerster räumte auch eigene Fehler ein, "sowohl in Stilfragen wie auch im konkreten Verhalten". So habe er in zwei Jahren in der Bundesagentur nur fünf Prozent der 90.000 Mitarbeiter wirklich persönlich kennengelernt. Bundesarbeitsminister Wolfgang Clement (SPD) habe ihn "menschlich und sachlich aufs Beste unterstützt", betonte Gerstr. Bis in die letzten Tage habe es eine "außerordentlich vertrauensvolle Zusammenarbeit" gegeben.Engelen-Kefer: Gerster nicht Opfer einer KampagneDGB-Vize Ursula Engelen-Kefer weist Vorwürfe des früheren Chefs der Bundesagentur für Arbeit zurück, seine Entlassung sei das Ergebnis einer Kampagne gegen ihn gewesen. Von den Gewerkschaften sei Gerster "in keinem Fall" bewusst demontiert worden, sagte die Vorsitzende des BA-Vewaltungsrates am Montag dem Deutschlandfunk.Kritik am Verwaltungsrat wies Engelen-Kefer strikt zurück. Mit ihren Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung zahlten Arbeitgeber und Arbeitnehmer "die Zeche". Deshalb sei es "nur korrekt", dass sie über den Verwaltungsrat "ein Wörtchen mitzureden" hätten. Engelen-Kefer kündigte an, dass der Verwaltungsrat von seinem Vorschlagsrecht für die Gerster-Nachfolge Gebrauch machen würde. Eine Entscheidung werde in den "nächsten Tagen und Wochen" gefällt. Der Nachfolger müsse die begonnenen Reformen in der BA fortführen. Jedoch sei es das eine, Konzeptionen zu entwerfen, das andere, diese auch umzusetzen. "Das geht nicht auf Knopfdruck", betonte Engelen-Kefer. Clement hatte Gerster am Samstag nach einem Misstrauensvotum durch den Verwaltungsrat der Nürnberger Behörde nach nur knapp zwei Jahren im Amt entlassen. Hintergrund war die Affäre um die Beraterverträge der Bundesagentur.

Praxisgebühr auch für Beamte und Abgeordnete

Neue Beihilferichtlinie tritt in den nächsten Tagen in KraftPraxisgebühr auch für Beamte und Abgeordnete

Hamburg (rpo). Doch keine Sonderrechte Abgeordnete und Beamte: Auch sie müssen ab sofort je zehn Euro pro Quartal für Arzt- und Zahnarztbesuche zahlen. Die entsprechende Beihilferichtlinie werde in den nächsten Tagen in Kraft treten, sagte der Sprecher des Innenministeriums, Rainer Lingenthal, am Montag in Berlin. Sie werde rückwirkend zum 1. Januar gelten. Somit würden die Staatsdiener genau so viel zahlen wie gesetzlich Versicherte. Ursprünglich hatte Innenminister Otto Schily eine Lösung vorgeschlagen, wonach Beamte und ein Großteil der Bundestagsabgeordneten pauschal 20 Euro pro Jahr als Praxisgebühr hätten aufbringen müssen. Da gesetzlich Versicherte bei regelmäßigen Arztbesuchen mindestens 40 Euro zahlen müssen, hatte es gegen die Besserstellung einen Proteststurm auch im Bundestag gegeben. Nun würden bei Beamten genau die gleichen Zuzahlungen erhoben wie bei gesetzlich Versicherten, sagte Lingenthal. Dies gelte, obwohl die Krankenversicherung der Beamten über eine Beihilferegelung funktioniere. Danach versichern sich Beamte privat und erhalten die Hälfte der Behandlungskosten von ihrem Dienstherrn. Für die ursprüngliche Regelung war argumentiert worden, die Beamten seien eben zur Hälfte Privatversicherte. Für diese wird keine Praxisgebühr fällig. Lingenthal dementierte eine Meldung der "Bild"-Zeitung, wonach Beamte mit geringen Pensionen von Zuzahlungen ausgenommen werden sollen. Tatsächlich gelte die Neuregelung auch für sie, sagte der Sprecher.

Presse: US-Gericht nimmt Klage deutscher Soldaten an

Krebskranke wollen Schadenersatz von RadargeräteherstellernPresse: US-Gericht nimmt Klage deutscher Soldaten an

Hamburg (rpo). Ein Gericht im US-Bundesstaat Texas hat die Klage von Bundeswehrsoldaten gegen mehrere US-Hersteller von Radargeräten zugelassen. die Soldaten machen die Unternehmen für ihre Krebserkrankungen verantwortlich.Ein Gericht im texanischen El Paso habe sich für zuständig erklärt und ein so genanntes Ausforschungsverfahren in die Wege geleitet, das den Klägern Einsicht in interne Dokumente der sechs beklagten Konzerne gewähre, berichtet die "Financial Times Deutschland" (Montagsausgabe) unter Berufung auf das Umfeld der Kläger. Der Berliner Anwalt Reiner Geulen, der zahlreiche Bundeswehrsoldaten in Deutschland vertritt, sprach von einem "wesentlichen Erfolg". Zu den Unternehmen zählen dem Bericht zufolge unter anderem Raytheon, Lucent Technologies und ITT Industries. Ein Raytheon-Sprecher kündigte an, der Rüstungskonzern werde sich "energisch" verteidigen. Die Klage war laut "FTD" im Herbst 2002 von rund 450 erkrankten Bundeswehrsoldaten bei dem Gericht im US-Bundesstaat Texas eingereicht worden. Die Schadensersatzsumme könnte sich auf 450 Millionen Dollar (355 Millionen Euro) belaufen. Die Soldaten werfen demnach US-Herstellern von Radargeräten vor, dass Wartung und Betrieb dieser Geräte zwischen den Jahren 1958 und 1994 zu Leukämie und Hodenkrebs geführt hätten. Das Gericht muss nun bis zum 30. Juni prüfen, ob die Fälle in einer Sammelklage gebündelt werden können. Dann könnten sich die Zahl der Kläger und die Schadenssumme deutlich erhöhen. Unabhängig von den US-Klagen hatten 2002 rund 800 Soldaten in Deutschland das Verteidigungsministerium wegen der Arbeitsbedingungen an den Radargeräten auf Schmerzensgeld verklagt. Erste Urteile in der Sache werden dem Bericht zufolge frühestens im März vor den Landgerichten in Bonn und Frankfurt/Oder erwartet.

Zeitung: Mehr Geld für Bundestagsabgeordnete

Ab AprilZeitung: Mehr Geld für Bundestagsabgeordnete

Hamburg (rpo). Gerade erst wurde das Ansinnen der EU-Parlamentarier durch deutsche Proteste abgeschmettert, ihre Bezüge zu erhöhen, da ist es bei den Bundestagsabgeordneten offenbar beschlossene Sache, dass sie ab April mehr Geld bekommen.Die Bundestagsabgeordneten bekommen laut erneut mehr Geld. Wie die "Bild"-Zeitung in ihrer Montagausgabe schreibt, steigt ab 1. April der Ausgabenbetrag für Sachleistungen von jährlich 6300 auf 7500 Euro. Dafür können sich die Abgeordneten Büro- und Geschäftsbedarf, zum Beispiel Briefpapier und Laptops liefern lassen, sowie ihre Handykosten bezahlen. Die Zeitung berichtet außerdem, dass sich gleichzeitig die monatliche Pauschale für die Beschäftigung von Mitarbeitern von derzeit 8979 auf 9729 Euro erhöht. Zum Jahresbeginn war bereits die steuerfreie Kostenpauschale etwa für Auto oder Zweitwohnung von 3503 auf 3551 Euro im Monat angehoben worden. Während die Pauschalen der Abgeordneten steigen, ist der Arbeitnehmerpauschbetrag für Werbungskosten der übrigen Beschäftigten seit Januar von 1044 auf 920 Euro gesenkt worden, schreibt das Blatt.