Commerzbank-Chef verteidigt sichKündigung der Betriebsrenten: "instinktlos" und "frech"
Frankfurt/Main (rpo). Auf ein reges und sehr negatives Echo ist die Kündigung der Betriebsrenten bei der Commerzbank gefallen. Von charakterlos über instinktlos bis frech reichten die Reaktionen. Politiker kritisierten insbesondere, dass die Vorstände der Bank sich von den Einschnitten ausnehmen. SPD-Fraktionsvize Ludwig Stiegler hat die Kündigung der Betriebsrenten bei der Commerzbank ein "besonderes Zeichen von Charakterlosigkeit" genannt. Stiegler sagte am Donnerstag am Rande der Klausurtagung der SPD-Bundestagsfraktion in Leipzig, er hätte für einen solchen Schritt nur Verständnis, wenn auch die Vorstände davon betroffen seien. Die Commerzbank verfahre aber nach dem Motto: "Meine Vorstände, die bade ich in Fett, und die anderen werden ins kalte Wasser gestoßen." Die Kündigung von Betriebsrenten sei "eine Moralfrage", sagte Stiegler. "Da kann der Gesetzgeber nichts machen." Es handele sich um eine freiwillige Leistung, über die in Tarifverhandlungen Vereinbarungen getroffen werden müssten. Ein Betriebsrentengesetz mit ganz engen Kündigungsklauseln gebe es bereits.SPD-Generalsekretär Olaf Scholz nannte das Vorgehen der Bank und ähnliche Kürzungen bei der Gerling-Versicherung "ein falsches Signal". Der Vorsitzende der CDU-Sozialausschüsse (CDA), Hermann-Josef Arentz, sprach sogar von Verhöhnung der Mitarbeiter. Unterdessen verteidigte Commerzbank-Chef Klaus-Peter Müller die Entscheidung.Müller: Vorstandspensionen sind niedrigMüller sagte der "Bild"-Zeitung, die Entscheidung sei "uns schwer gefallen, aber wir können nicht nur unseren Aktionären Verzicht zumuten". Alle wüssten, "dass wir uns im Bankgeschäft auf dramatische Veränderungen einzustellen haben, die unter anderem durch eine weltweite Wirtschafts- und Börsenflaute ausgelöst wurden". Dass die Vorstandspensionen nicht gleichzeitig gekürzt wurden, begründete Müller so: "Unsere Pensionen sind im Verhältnis zu vergleichbaren Banken sehr niedrig. Wir haben hier schon 2001 deutliche Einschnitte vorgenommen." Dem "Handelsblatt" sagte der Commerzbank-Chef zudem, der Vorstand habe sich die Entscheidung zur Kündigung der Betriebsrenten nicht leicht gemacht, habe aber keine Alternative dazu gesehen. Die Aufkündigung habe ausschließlich betriebswirtschaftliche Gründe. Die Bank müsse alle Möglichkeiten nutzen, um ihre Rentabilität zu steigern, weitere Einsparungen bei den Personalkosten seien nicht geplant. Der CDA-Vorsitzende Arentz sagte der "Bild"-Zeitung, es sei besonders frech, dass die "Luxusversorgung" der Manager ungeschoren bleibe. "Kein Klassenkämpfer könnte ein schlimmeres Zerrbild des hässlichen Kapitalisten zeichnen, als es dieser Bankvorstand selbst tut." Der CDU-Politiker forderte rasche Konsequenzen. "Wenn der Commerzbank-Vorstand seinen Beschluss nicht schnellstens rückgängig macht, muss er zurücktreten."Klagen gegen GerlingAuch SPD-Generalsekretär Scholz griff die Unternehmen an. Dass gleichzeitig mit der Beendigung der Betriebsrenten nicht auch die entsprechenden Regelungen für die Vorstände betroffen seien, sei "instinktlos", sagte er der "Financial Times Deutschland". Der Sozialdemokrat glaubt allerdings nicht, dass das Vorgehen der Konzerne Schule machen wird. Er forderte die Tarifparteien jedoch vorsorglich auf, Betriebsrenten stärker in Branchenverträgen zu verankern. Unterdessen klagen mehrere frühere Vorstandsmitglieder des Versicherungskonzerns Gerling einem Bericht der "Financial Times Deutschland" zufolge gegen ihre Ex-Arbeitgeber und verlangen Absicherungen für schon laufende Pensionen. Sie fürchten der Zeitung zufolge, dass der Versicherer Probleme bekommen könnte, die Betriebsrenten zu zahlen. Am Montag dieser Woche war zunächst die von der Commerzbank geplante Kündigung der Betriebsrenten für die 24.000 Mitarbeiter der AG bekannt geworden. Am Mittwoch bestätigte dann auch der Gerling-Konzern, dass mit dem Betriebsrat eine Kürzung der Versorgungsversprechen vereinbart worden sei.